Doofes Spiel zwei

Vorige Woche im Konfirmandenunterricht: Eine Konfirmandin fragt mich: Wie ist es mit ihnen? Glauben Sie auch, dass wir spätestens 2040 in einer Eiszeit leben werden?

Mir hat diese Frage erst einmal die Sprache verschlagen. Was sollte ich antworten?

Ich habe mich erinnert an die Ängste, die ich in meiner Kindheit hatte. In der Schule haben wir den Film „War game“ gesehen, eine Dokumentation, in der berichtet wird, was geschehen würde, wenn eine Atombombe über London abgeworfen werden sollte. Eindrücklich wurde gezeigt, welche Folgen der sonnenheiße Feuerball über der Stadt haben würde, wie sich der radioaktive Fallout über dem ganzen Land auswirken würde und was die Auswirkungen des folgenden nuklearen Winters wären.

Alpträume haben mir aber nicht die Berechnungen der Experten und Becquerel-Werte gemacht, sondern die Szene in dem Film, in der gezeigt wird, wie nach dem Atomblitz ein kleiner Junge allein auf einer Wiese steht und nach seiner Mutter schreit. Das heiße Licht der Bombe hat ihm beide Augen ausgebrannt.

Das Leben im kalten Krieg machte ein solches Szenario nur zu wahrscheinlich, und die Atomwaffen der „Russen“ machten diese Bedrohung zum Gegenstand der schlaflosen Nachtgedanken meiner Generation.

Viele andere Schreckensszenarien haben mich durch meine Alpträume begleitet im Laufe der Jahrzehnte; eher unwahrscheinliche wie stadtzerstörende Meteoriteneinschläge am Horizont oder wildgewordene Vogelschwärme, die sich auf dicht bevölkerte Einkaufszentren stürzen, aber leider auch realistische wie der saure Regen und das Waldsterben, riesige Braunkohlebagger, die ganze Dörfer vom Erdboden löschen, oder Nazi-Armeen, die durch die Hauptstraßen Berlins marschieren…

Hilflos und wütend haben mich die Berichte über Katastrophen in Atomkraftwerken gemacht, hilflos und wütend machen mich sinnlose, terroristische Kriegsszenarien und Anschläge von fanatischen Selbstmordattentätern auf unbeteiligte und friedliche Mitbürger.

Und nun: Klimawandel. Offensichtlich der Schrecken dieser nachfolgenden Generation.

Ich weiß nicht, welche Filme meine Konfirmandinnen und Konfirmanden im Schulunterricht sehen, vielleicht solche wie „the Day after tomorrow“ oder „2012“. Sie sind spannend und dramatisch, wahrscheinlich eher unrealistisch und – was wissenschaftliche Recherche angeht – nur schwach untermauert. Und dennoch voller Bilder, die geeignet sind, in Jugendlichen Alpträume auszulösen wie damals das Bild des blinden Jungen im Atomkrieg bei mir.

Ich denke nicht, das es mit der nächsten Eiszeit so schnell gehen wird, dass wir schon 2040 die ersten Gletscherzungen im Norden der Stadt heranwachsen sehen werden. Es ist aber nicht zu bestreiten, dass eine Klimaveränderung begonnen hat.

Die Wettermechanismen sind kompliziert, vielschichtig und schwer vorauszusagen. Klimawandel bedeutet nicht einfach, dass es überall wärmer wird. In manchen Gegenden der Welt würde es sogar eher kälter werden. Bei uns wird es wohl vor allem trockener werden; Wind, Regen, Gewitter werden heftiger und extremer…

Spürbare klimaveränderungen sind eher eine Sache von Jahrzehnten oder Jahrhunderten – es gibt aber vielleicht „tipping points“, die dazu führen können, dass kleinere Veränderungen sehr plötzlich kommen, wenn zum Beispiel der Golfstrom versiegen sollte…

Leider konnte ich meine Konfis nicht wirklich beruhigen… Aber vor einer „Eiszeit“ müssen wir wohl keine Angst haben.

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