Die Modenschau…
Hundert Leute waren gekommen, um die Präsentation zu sehen: Der berühmte Modedesigner hat eine neue Kollektion entworfen, Sommerkleider in vielen verschiedenen Farben. Heute sollen sie zum ersten Mal vorgestellt werden, keiner hat sie bisher gesehen, aber schon in einem Monat würde man sie in jedem Katalog ansehen und in jedem Kaufhaus anprobieren und kaufen können.
Kleider in knalligen Farben gab es zu sehen, rot und gelb, hellblau und grün, violett, weiß und naturfarben, und sogar schwarze Kleider – und zum Schluss natürlich der Höhepunkt: Das Brautkleid. Eine glitzernde Pracht in weißer Spitze und leuchtendem Tüll, mit passendem Schleier und einem funkelnden Diadem, das gehörte bei diesem Designer immer dazu: er war hoffnungslos romantisch…
Und seine Kundinnen liebten die Hochzeitskleider, auch wenn sie nie eines davon tragen würden. Es waren Traumkleider für Träumerinnen…
Nach der Präsentation wurde er von einer Reporterin für die berühmte Modezeitschrift interviewt: „Ihre Kleider, Mäntel und Röcke sind immer sehr ausdrucksstark. Die bunten Farben, die kräftigen Muster – sie fallen sofort ins Auge. An welche Personen haben Sie gedacht, als sie diese Kleider entworfen haben?“
Der Designer antwortet: „Ich glaube an das alte Sprichwort: Kleider machen Leute. Ich entwerfe meine Kleidung für Frauen, die den Mut haben, ihre Persönlichkeit zu zeigen. Die kräftigen Farben fordern und entwickeln einen starken Charakter, Die Muster passen nicht zu einer schüchternen Frau. Die Frau, die meine Kleidung trägt, die zeigt damit, wie sie ist. Und wer sie sein möchte. Meine Kleider machen Frauen selbstbewusst und stark!“
Kinder verkleiden sich auch gern. Sie brauchen keine Designermode, eine Decke oder ein Tuch reicht auch, eine glitzernde Kette aus dem Spielzeugautomaten, eine Haarspange aus Muttis Krimskramskiste, notfalls auch ein paar Meter weißes Klopapier – und fertig ist die Prinzessin, die Mumie, der Pirat oder was immer die kindliche Phantasie gerade braucht.
Auch diese Kleidung verändert – und aus dem furchtsamen Kind wird plötzlich ein Held, der auf Drachen reitet, oder ein Vampir, der Nachts auf die Suche nach Opfern geht, oder ein Cowboy, der Gott fürchtet und sonst nichts auf der Welt…
Vom Kleiden und Verkleiden ist auch in der Bibel an vielen Stellen die Rede. Adam und Eva lebten im Paradies, und sie waren nackt und schämten sich nicht. Aber als sie von der verbotenen Frucht gegessen hatten und das Paradies verlassen mussten, konnten sie nicht nacktbleiben. Gott machte ihnen Schürzen aus Fell, heißt es im ersten Buch Mose, damit sie sich nicht vor einander schämen mussten.
Ganz kleine Kinder spielen heute noch gerne nackt, wenigstens im Sommer, wenn es warm ist; aber ab einem gewissen Alter brauchen sie Kleidung. Sie müssen ihren Körper bedecken. Wenn Kinder geboren werden, sind sie nackt.
Aber für ihr Leben gibt es ganz viele Kleidung: die guten Sachen, die man bei einem Fest anzieht, wenn jemand Geburtstag hat oder getauft wird, die normalen Sachen, die man anzieht, wenn man Einkaufen geht oder in die Schule oder zur Arbeit; es gibt die alten, dreckigen Sachen, die man anzieht, wenn man in der Garage am Auto herumschraubt oder den Fußboden aufwischt – und es gibt die ganz besondere Kleidung, die man nur an einem ganz besonderen Tag trägt: das Hochzeitskleid zum Beispiel, oder den Anzug, den man trägt, wenn man konfirmiert wird. Und es gibt Uniformen, an denen alle gleich sehen können, das man eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hat – als Polizistin oder Feuerwehrmann, als Arzt oder Pfarrerin, als Fußballspieler, Kapitän oder Pilotin in einem Flugzeug…
Kleider machen Leute – man sieht nicht nur anders aus, sondern man ist in gewisser Weise jemand anders, wenn man andere Kleidung anhat. Die Veränderung ist nicht nur außen, sondern sie geht ganz tief in das Innere eines Menschen hinein.
Und so ist es auch mit der Taufe: Was man sehen kann, ist fast harmlos und unbedeutend – der Pfarrer macht einem die Haare nass und macht ein Kreuzzeichen auf die Stirn; er sagt ein paar Worte, zündet eine Kerze an und betet, und dann ist schon alles vorbei. Das Wichtige passiert innen, wo man es nicht sieht, es passiert zwischen dem Menschen, der getauft wird, und dem Gott, dessen Name genannt worden ist.
Es ist so, als ob ein altes Kleid ausgezogen wird – ein Kleid, das man nie so wirklich gern angezogen hat, weil es einen daran erinnert, dass man arm ist, dass man sich oft schmutzig gemacht und bekleckert hat, ein Kleid, das längst völlig aus der Mode ist. Und dann bekommt man ein neues Kleid, eins, das völlig ohne Flecken ist, keine Löcher und keine Risse hat, ein Kleid, das man liebt und das einem Mut macht und auf das man stolz sein kann – wie auf die Kleidung eines Feuerwehrmannes oder das Trikot der Lieblingsmannschaft. Ein Kleid, das die Traurigkeit und die schlechten Erinnerungen vergessen lässt, ein Kleid, das sagt: Du bist es wert, du bist würdig, du bist geliebt. Genau das ist es, was in der Taufe passiert: Gottes Name wird genannt, der Name des Vaters, der Sohnes und des Heiligen Geistes. Und Gott ist es, der sagt: Du bist es wert, du bist würdig, du bist geliebt.
Könnt Ihr euch vorstellen, könnt Ihr euch erinnern, wie wundervoll das ist, wenn jemand ganz ehrlich und voller Überzeugung zu euch sagt: „Ich liebe dich. Du bist wertvoll für mich! Du hast eine ganz eigene Würde. Ich vertraue dir…“? Wenn das passiert, dann ist es ein ganz besonderer Tag. Der alle anderen Tage danach irgendwie verändert, heller macht, leuchtender und strahlender. Ein Tag, an dem man gut ein Hochzeitskleid anziehen könnte. Oder ein Taufkleid. Eins, das selbstbewusst macht und stark und schön…