Musik im Advent = jul i folkton

Erster Advent… Lichterglanz, Tannenzweige, Mandelkekse und Glühwein täuschen ein Wenig darüber hinweg, dass die Adventszeit eine Fastenzeit ist, in der es darum geht, sich darauf vorzubereiten, dass Gott unser Leben berührt. Jedenfalls hoffe ich jedes Jahr wieder, dass es geschieht.

Die Andachten, die Gebete, die Bibelabschnitte für die Gottesdienste helfen mir dabei, mich immer wieder zu konzentrieren und geben meinen Gedanken ihre Richtung.

Ganz besonders wichtig ist mir in dieser Zeit aber die Musik. Sie bringt mich in die richtige Stimmung, sie schließt mir Herz und Seele auf und begleitet mich überall hin, selbst unter die Dusche und nachts bis in meine Träume.

Ich höre nicht nur die traditionellen Adventslieder aus dem Kirchengesangbuch, nicht nur die Melodien, die Bach, Gerhardt und Luther geschaffen haben. Ich suche auch nach Adventsmusik aus anderen Tradionen, aus anderen Ländern, mit fremden Instrumenten in überraschend neuem Stil komponiert.

Dieses Jahr möchte ich Euch meine liebsten Musikstücke für adventliche Abende auf dem gemütlichen Sofa vorstellen und Euch einladen, mit mir in die brennende Kerze auf dem Adventskranz zu schauen und die festlichen Klänge zu genießen.

Die Musik und die Gesänge von Jul i Folkton habe ich erst gestern kennengelernt, und ich weiß jetzt schon, dass sie sich für die nächsten Jahre einen festen Platz in meiner Plattensammlung gesichert haben.

Seit 2006 treffen sich jedes Jahr bekannte Musikerinnen und Musiker aus der schwedischen Folkszene und geben ein Konzert in derAdventszeit, jedesmal wird das auch aufgenommen und veröffentlicht. Das Konzert von 2009 kann man ganz auf YouTube sehen und hören; die anderen Konzerte sind bei Spotify zu hören oder auf CD zu kaufen. In die vielfältigen Rhythmen zwischen bedächtiger Ruhe und fröhlich ausgelassenem Tanz habe ich mich sofort verliebt.

Ein ganz herzliches Dankeschön an Silke, die mich mit dieser Musik bekannt gemacht hat.

Mene mene tekel…

Heute Nacht habe ich im Schlaf versucht, eine Examensprüfung zu schreiben. Fünf Mal habe ich neu angefangen und nichts Vernünftiges zu Papier gebracht. Dann bin ich aufgewacht und war so voller Adrenalin, dass ich nicht mehr einschlafen konnte.

Das Abitur zu machen, zu studieren, ein Examen zu bestehen, das sind alles zweifellos wunderbare Privilegien. Aber die Prüfungen hinterlassen auch Spuren, die ein Leben lang bleiben 

Windows zu Weihnachten

Die meisten Leute, wenn die sich ein Elektrogerät kaufen, dann benutzen die das so, wie sie es geliefert bekommen haben. Die Waschmaschine wird mit der schönen weißen Front nach vorne in die Küche gestellt, und wehe, der tollpatschige Mann macht da einen Kratzer rein, dann gibt’s aber Ärger. Der Flachbildfernseher wird so, wie er ist, an die Wand im Wohnzimmer gehängt. Kann man ja jetzt endlich machen, die Dinger sind ja jetzt wirklich so flach und fast so leicht wie ein Bilderrahmen; so ’nen dicken Klotz mit einer schweren Bildröhre drin konnte man ja früher den meisten Wänden gar nicht zumuten, sah außerdem völlig uncool aus. Der Computer kommt in schicken Büro-Grau unter den Schreibtisch, passend zum grauen Monitor, zur grauen Tastatur und zur grauen Maus… Farbe bringt ja schon der neue Rasierapparat ins Leben, der passt mattschwarz-glänzend prima zu den glitzernden dunkelgrauen Waschbecken und zu dem Spiegel mit den Schwarotzi-Kristallen dran, oder?

Und wenn einem dann der Fernseher, der Rasierer, der Computer, der Spiegel und der andere Kram nach einem Jahr nicht mehr gefallen und die Frau immer wieder wegen den Kratzern in der Waschmaschine schimpft, dann fragt man sich, ob man das Zeug jetzt mit Verlust bei Eb*y weiter vertickt und sich was Neues kauft, oder ob man es einfach noch ein paar Monate benutzt und sich noch länger jeden Tag darüber ärgert, dass man nicht die coole neue Sachen aus dem Katalog hat…

Dabei gibt es so viele Möglichkeiten, gerade bei Elektrogeräten, sich die Dinge passend und immer wieder anders zu verschönern…

Ich glaube, mit den Mobilfunktelefonen fing das an. Die machten, wenn man sie kaufte und so wie sie waren, benutzte, beim Angerufen werden „DahdahdahDIEdah!“ oder „Pimperlim, pimperlim, pimperlimpimpimm!“ und jeder wusste gleich, ah, der hat ein Spießerhandy, der hat so ein Robbentöterfohn… Auf jeden Fall war klar, dass man völlig fantasielos ist und nicht weiß, wie man einen anderen Klingelton „runterläd“…das Lied von der Biene Maja zum Beispiel oder die Titelmelodie von „Sex and the City“…

Für den Computermonitor gab es schon zu den Zeiten, als die Dinger noch in grün oder in „amber“ Zahlen und Buchstaben zeigten, im Schreibwarengeschäft bunte Rahmen, die man davor klebte, und schon sah man die langweiligen Excel-Tabellen wie durch eine Wiese mit Margerithen und Mohnblüten hindurch… Webcams, Mäuse, Tastaturen, Monitore und allen möglichen anderen Tüdelkram gibt es jetzt in den tollsten Designs und in allen Farben, sogar beleuchtet und beheizbar…

Heutzutage kann man schon am allerbilligsten MP3-Player verschiedene Hintergrund-Bilder einstellen, und dass man bei Windows, Linux und dem Apple-Betriebssystem ganz einfach andere Bildschirmhintergründe und „Screensaver“ einstellen kann, weiß jeder Anfänger.

Was nicht jeder weiß, ist, dass man auch ganz leicht die Systemklänge verändern kann. Wer das „Ping!“ nicht mag, mit dem die „Alert-Boxen“ bei Windows aufspringen, kann es abstellen oder durch ein dezenteres „Pong“ ersetzen. Man kann den Beginn seines Lieblingsliedes als System-Start-Ton abdudeln lassen oder auch den letzten Satz aus dem Segen „Urbi et Orbi“ des Papstes.

Was ich mir zu Weihnachten wünsche, was mir aber niemand schenken wird, ist eine von einem lieben Menschen selbst aufgenommene Sammlung von „pieps“, „klick“, „frrrt!“, „ping“, „dong“, „schwupp“ und „schnapp!“-Geräuschen, die mir dann aus meinem Laptop-Lautsprecher entgegen klingen, wenn ich eine Mail bekomme, ein Fenster öffne oder schließe, ein Programm beende oder mir ein kritischer Ausnahmefehler mitgeteilt wird… – und dazu als „Sahnehäubchen“ eine von einem Frauenchor gesungene Version der Windows-Systemstart-Melodie…

So ein Weihnachtsgeschenk könnte man ja auch für Blogfreunde vorbereiten; es hat noch dazu den Vorteil, dass es eines der wenigen originellen Geschenke wäre, die man auch per E-Mail verschicken kann…

Silbenrätsel für silberne Rätsler

In der Adventszeit wollen wir zusätzlich zu unserem Gemeindeblatt einen Rundbrief für Senioren in unserem Sprengel versenden. Ein besonderes „Schmankerl“ in diesem Rundbrief soll jedes Mal ein Rätsel sein. Zu gewinnen gibt es nichts – aber die Leute haben hoffentlich Spaß an der Sache.

Ich bitte Euch, das Rätsel hier für Euch herunter zu laden und es auszuprobieren. Gerne wüsste ich, ob es Euch Spaß macht, ob es zu sehr „um die Ecke gedacht“ ist oder zu leicht lösbar ist – und ob Ihr in Zukunft auch hier ab und zu ein Rätsel finden wollt.

Mir macht es jedenfalls viel Spaß, solche Rätsel zu erfinden, aber ich bin da noch Anfänger…

Liebe Grüße,

Richard

Ach so – hier ist das Rätsel!

Bruder Jakob, schläfst Du noch?

Ein gesunder Schlaf gehört neben Essen und Trinken zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen. Im Schlaf regenerieren sich Kraft und Konzentrationsfähigkeit, physische und psychische Fähigkeiten werden gestärkt und weiterentwickelt. Vor allem Kinder brauchen regelmäßigen Schlaf, aber auch Erwachsene werden krank an Leib und Seele, wenn sie auf Dauer zu wenig schlafen und so die Bedürfnisse ihres Körpers ignorieren. Tiere, Pflanzen, überhaupt alles, was lebt, geht in der Nacht in einen Zustand der Ruhe und der Erholung. Schlaf ist lebensnotwendig.

Aber – wer schläft, ist in dieser Zeit unaufmerksam und wehrlos. Ich habe einen sehr festen Schlaf, aus dem mich wenig wecken kann. Wenn ich erst einmal schlafe, könnte man mir die Matratze aus dem Bett klauen, ich würde es nicht merken. Und wenn ich wichtige Termine früh am Tag habe, stelle ich mir oft drei oder vier Wecker… Sicher ist sicher.

In der Bibel, im Alten wie im Neuen Testament wird oft darüber geschrieben, dass Menschen schlafen: Der Schlaf scheint eine Zeit zu sein, in der Gott den Menschen besonders nahe ist. Noch im Garten Eden lässt Gott Adam in einen tiefen Schlaf fallen und entnimmt seinem Körper die „Rippe“, aus der er später Eva erschuf. Jakob sieht im Traum die Himmelsleiter und Engel an ihr auf- und absteigen, Josef deutet die Träume von den fetten und den mageren Kühen und kann so eine Hungerkatastrophe in Ägypten verhindern. David träumt von dem Tempel Gottes, den sein Sohn Salomo dann bauen wird – und über noch viele andere Träumer wird in der Bibel berichtet, dass sie im Schlaf oder in ihren Träumen erlebt haben, dass Gott ihnen begegnet, ihnen Aufgaben gibt und ihnen gute Zukunft verheißt und sie segnet.

Die Jünger werden im Neuen Testament dagegen oft gewarnt, dass sie im Schlaf (meistens bildlich gemeint) Entscheidendes verpassen können. Wacht auf! wird ihnen gesagt – immer wieder. Wenn es um die Zeichen der Zeit geht, die sie rechtzeitig erkennen sollen; wenn es um den Widerstand gegen den Tod geht und um die Hoffnung auf das ewige Leben – es ist Sache der Jünger, die Wirklichkeit Gottes zu erkennen und wahrzunehmen, auch gegen den Augenschein, was Gott ihnen bereitet hat: Wach auf, der du schläfst, steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten!

Der Schlaf wird also in der Bibel durchaus zwiespältig gesehen: Einerseits ist die Nacht die Zeit der Offenbarung Gottes – andererseits werden die Jünger zur Wachsamkeit aufgefordert: Christen sind Menschen des Tages, die aufmerksam auf das warten, was ihnen von Gott her gegeben wird. Plötzlich und unerwartet kommt der Tag des Herrn; dann ist es wichtig, hellwach und gut vorbereitet zu sein.

Ist die Kirche vorbereitet auf die Konfrontation mit dem (Un-)Erwarteten? Oder verschläft sie die Zeit, um erschrocken aufzuwachen, wenn es eintrifft?

Über hunderte von Jahren haben Gemeinden weitgehend unbeeindruckt von politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen Gottesdienst gefeiert, gesungen und gebetet, seelsorglich, geistlich und wohl auch politisch geredet und ihre Tradition weitergegeben an die jeweils nächste Generation. Oft ist das „gut gegangen“, doch seit einiger Zeit wurde immer wieder deutlich, dass die Kirche so ihrem Auftrag nicht gerecht wird. Nach den Ereignissen in der Hitlerzeit unter den Nationalsozialisten musste die Kirche bekennen, dass sie – als Ganze – nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben, um den Nazis Widerstand zu leisten. Wohl gab es Einzelne in der Kirche, die nicht der Versuchung erlegen waren, sich anzupassen und mit den Verführern zu laufen, aber insgesammt musste die Kirche ihre Schuld bekennen und um Verzeihung und Vergebung zu bitten.

Auch in der Zeit nach dem Krieg, als wieder von Aufrüstung und atomarer Abschreckungsstrategie die Rede war, als es um die Frage der Geburtenkontrolle und der Abtreibungen ging, als Homosexuelle in Kirche und Gesellschaft ihren Platz einforderteten, als es galt, Stellung zu beziehen zu Kindesmissbrauch und Menschenrechten, haben viele Gemeinden und Kirchen weltweit „verschlafen“: Sie haben das Problem ignoriert oder verharmlost, teilweise auch mit Hass und Gewalt zu lösen versucht.

Nicht immer ist die Unterscheidung einfach, ob man sich in Fragen des Zeitgeistes mit einer gewissen Härte verschließen sollte, um an den Geboten Gottes fest zu halten und darauf zu bestehen, dass dem Menschen nicht alles gut tut und schon gar nicht alles erlaubt ist – oder ob man barmherzig sein sollte und sich gegenseitig in Liebe erträgt im Bewusstsein, dass es letztlich Gott ist, der urteilt und richtet. „Krieg soll nach Gottes willen nicht sein!“ und „Man lässt Menschen nicht ertrinken. Punkt!“ sind Sätze, die den gläubigen Menschen herausfordern. Es gibt ja auch Christinnen und Christen, die die Wiederaufrüstung für richtig halten und die sehr strikt dagegen sind, zu viele Geflüchtete in Deutschland aufzunehmen. Es gibt Gemeinden, die Homosexuelle in ihren Kirchengebäuden nicht heiraten lassen. Sollte Abtreibung erlaubt sein? Kirchen in Irland und Polen streiten bis heute erbittert darüber. Und noch immer sind nicht alle Christinnen und Christen auf der Welt sich darin einig, dass auch Frauen ein geistliches Amt ausüben können sollten.

Andere sagen, dass gerade in diesen Fragen ein klares Wort und mutige Taten der Christinnen und Christen nötig seien, damit Kirche als Ganzes glaubwürdig bleibt. Politische Entscheidungen sollen nicht durch Angst und Engstirnigkeit beeinflusst werden, sondern durch Großzügigkeit und Liebe, durch eine kraftvolle Hoffnung und einen Glauben, der ausstrahlt und die Nähe Gottes nicht nur für möglich hält, sondern davon ausgeht, dass Gott durch uns in die Geschichte eingreift.

In der Bibel stehen sogar Worte, die man so deuten kann, dass all dies theologische Nachdenken nur „vorläufige“ Fragen betrifft. Zuletzt wird aber nur Eines zählen: Wenn Christus wiederkommt am Ende der Zeit – werden wir bereit sein, ihn zu empfangen? Wenn der große Tag des Herrn kommt wie der Dieb in der Nacht – werden wir ihn wachsam und bereit zu unserem Dienst erwarten? Wenn er fragt, ob wir in seinem Namen die Armen gespeist, die Kranken geheilt, die Gefangenen besucht und die Gute nachricht verkündet haben – was werden wir dann antworten können?

Avatar

Ich gehöre nicht zu denen, die sich gegen die Maskenpflicht und andere Maßnahmen gegen Corona wehren würden. Ich weiß, dass sie sinnvoll sind und helfen, dass das Virus sich nicht zu schnell ausbreitetet. Aber eins fehlt mir sehr…

Ich mache kaum noch Besuche, weder beruflich noch privat. Alle Menschen begegnen mir entweder am Telefon oder über Video am Computer. Leuten, die ich im wirklichen Leben treffe, gebe ich nicht die Hand und ich achte darauf, dass ich immer genügend Abstand zu ihnen halte, um sie nicht anzustecken.

Seit Monaten habe ich niemanden mehr umarmt, seit mehr als einem halben Jahr hat mich niemand mehr an sich gedrückt.

Ich spüre, wie mir das im Lauf der Zeit ein Gefühl von Unwirklichkeit gibt; so als ob ich langsam verschwinde. Obwohl auch davon abgeraten wird, fasse ich mir immer häufiger ins Gesicht, berühre meine Ohren und meine Arme, so als ob ich mich vergewissern wollte, dass ich immer noch da bin, körperlich und materiell, und nicht nur eine Figur in einem Computerspiel, ein Avatar…

Ihr alle seid sehr wirklich für mich, obwohl ich die meisten meiner Leserinnen und Leser noch nie getroffen habe. Ich denke oft an Euch, Ihr seid mir wichtig. Ich sehe Euch. Ich weiß, dass am anderen Ende der Leitung immer ein Mensch sitzt, jemand, der in vielen Dingen ganz ähnlich ist wie ich.

Aber mir fehlen die Berührungen, die Umarmungen, die Nähe…

Good bye Tegel Airport

Heute um 15.30 Uhr ist das letzte Flugzeug vom Flughafen Tegel gestartet – eine Maschine der Air France ist mit Ziel Flughafen Charles de Gaulle nach Paris geflogen. Auch das erste Flugzeug, das im ordentlichen Linienverkehr in Tegel landete, war eine Maschine der Air France, die am 2. Januar 1960 in Paris gestartet war – der Norden Berlins war damals französische Besatzungszone. Direkt neben dem Flughafen lagen in der Cite Louis Pasteur die Kasernen der französischen Soldaten, verschiedene französische Kultureinrichtungen wie Kino, Theater und Einkaufszentrum sowie die Wohnhäuser ihrer Angehörigen.

Mit diesem Start ging die sechzigjährige Geschichte des Flughafens TXL zu Ende. Nachdem auch Tempelhof im amerikanischen Sektor im Oktober 2008 geschlossen wurde, ist der neu eröffnete Flughafen BER „Willy Brandt“ der einzige Verkehrsflughafen im Großraum Berlin.

Über die Gründe, den Flughafen in Tegel zu schließen, über die Verzögerung dieser Schließung durch die verspätete Eröffnung in Schönefeld und über die Feiern anläßlich der Schließung ist von den Medien der Hauptstadt ausführlich berichtet worden: obwohl sich viele Menschen, die in der Einflugsschneise des Flughafens wohnen, über die Ruhe und die sauberere Luft freuen, trauern auch sie um einen historischen Ort, der im Leben aller Berlinerinnen und Berliner eine wichtige Rolle gespielt hat. Von hier aus sind sie in den Urlaub nach Italien, Spanien oder in die Türkei geflogen, hier landete die Queen und Barak Obama und unzählige Stars und Sternchen, die in der Geschichte der Stadt eine kleine oder größere Rolle spielten.

Das markante, aus zwei Sechseckigen zusammengesetzte Gebäude wurde 1974 in Betrieb genommen und machte mit den 16 „Fingern“, an denen die Flugzeuge andocken konnten, Berlin-Tegel zu einem der damals modernsten Flughäfen der Welt. Die Finger sind bewegliche Korridore, durch die die Passagiere direkt in de Flugzeuge einsteigen konnten, ohne über das Flugfeld laufen oder fahren zu müssen. Erst 1988 erhielt der Flughafen des bekennten deutschen Flugpioniers Otto Lilienthal.

Ich will aber hier meine eigenen Erlebnisse im Flughafen Tegel skizzieren, sozusagen als Zeitzeuge, der als Jugendlicher auch sehnsüchtig den Düsenfliegern hinterher gesehen hat, die bei richtigem Wind genau über unser Haus und dann weiter in ferne fremde Länder flogen – oft so tief, dass man die Schrift auf der Unterseite der Tragflächen lesen konnte…

In Erinnerung geblieben ist mir ein Familienausflug, den meine Eltern, meine Schwester und ich an einem Sonntagnachmittag zum Flughafen machten. Es gibt eine eigene Abfahrt von der Stadtautobahn, durch die man den Flughafen erreicht – er hat nie eine eigene U-Bahn- oder S-Bahn-Station bekommen und war nur mit dem Auto oder mit zwei Express-Buslinien erreichbar. Wenn man mit dem Auto kam und Glück hatte, konnte man innerhalb des ersten Sechsecks parken. Dort gab es Kurzzeitparkplätze für Besucher, die nur kamen, um Fluggäste zu verabschieden oder abzuholen. Die Preise waren flughafentypisch hoch, dafür war man aber schon „mittenmang“ und es waren nur ein paar Schritte bis in die Abfertigungshalle und zu den Terminals.

Mit meinen zwölf Jahren lief ich fasziniert hinter meinen Eltern her durch die Gänge mit den Abfertigungsschaltern, wo die Anzeigetafeln die nächsten Abflüge und Ankünfte bekannt gaben. London, Paris, Madrid, Athen, Moskau und andere Hauptstädte, aber auch Sehnsuchtsorte wie Kreta, Antalya, Rom und natürlich Palma de Mallorca waren dabei. Ich kann mich nicht erinnern, ob damals auch die richtig weit entfernten Ziele von Tegel aus angeflogen wurdem, Tokio, New York, Kapstadt, Rio de Janiero – ich glaube, man musste auch damals noch in Frankfurt oder Zürich umsteigen…

Für die ganze Familie gab es Eis an diesem Tag – das gehörte zu unseren Familienausflügen dazu, und natürlich gab es auch im Flughafen Tegel Cafes und Bars, wo man Eis kaufen konnte. Damals war aber ein Flughafen noch vorwiegend ein Verkehrsknotenpunkt und nicht ein Einkaufszentrum mit angehängtem Luftfahrtterminals…

Ich weiß noch, dass mich damals am meisten die Computerspielkonsolen beeindruckten, die in dem Cafe aufgestellt waren: Für 50 Pfennig konnte man da „Asteroids“ spielen und mit einer kleinen Rakete zwischen großen Steinbrocken herumfliegen, solange bis ein kleines UFO herangeflogen kam, das laut „Uiuiuiuiui“ machte und einen dann beinahe sicher abschoß, so dass man neu anfangen musste. Ich war nicht besonders gut darin und so waren die zwei Mark, die ich meinen Eltern abgenötigt hatte, schnell verbraucht, und dann hat mich getröstet, das meine Schwester in diesem Spiel auch nicht besser war als ich…

Noch heute spiele ich noch gern Asteroids, besonders wenn das Programm die altmodische Drahtgitter-Vektorgrafik imitiert, die damals über den Bildschirm dieser Videokonsole flimmerte.

Nach dem Besuch im Flughafen sind wir an die Havel gefahren, wo die blinkenden Baken an der Startbahn endeten… Dort waren die Flugzeuge noch ganz tief und man hatte das Gefühl, die Räder an den Fahrwerken berühren zu können, das Geräusch der Düsentriebwerke war ohrenbetäubend und man konnte es sogar in Bauch und Magen spüren… Drei, vier Flugzeuge warteten wir ab, aber dann sind wir beinahe geflüchtet – denn mein Vater bekam eine Art Ausschlag im Gesicht. Meine Mutter fürchtete, dass er die Abgase der Flugzeuge nicht verträgt… Später stellte sich aber heraus, dass er im Flughafencafe japanischen Reiswein probiert hatte und da wohl allerdisch reagierte…

Das war mein erster Besuch auf dem Flughafen TXL. Jahre später bin ich dort oft abgeflogen oder angekommen: zum Schüleraustausch nach London, zum Urlaub nach Kreta, Irland, Südfrankreich und – ja, auch nach Mallorca. Im Landeanflug vom Osten her konnte ich immer schön die Hochhäuser des Märkischen Viertels sehen, in denen ich als Teenie zuhause gewesen war…

Ich bin nicht hingefahren gestern, um vom Flughafen Otto Lilienthal Abschied zu nehmen. Ich war auch nicht bei der Eröffnung des BER dabei. Aber ich werde ihn Erinnerung behalten – den Flughafen, der zu Berlin gehört wie der Funkturm und das Europa-Center und der Bierpinsel und die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche.

Du hast keine Wahl….

Jetzt sitze ich hier und warte… In Amerika wird gewählt, aber ich habe keine Lust, die vielen „Spezial“- und „Extra“-Sendungen zu hören oder zu sehen, die gerade auf allen Kanälen und in allen Medien darauf warten, auf mich ein zu prasseln. Das Wahlergebnis werde ich morgen früh hören, wenn der Radiowecker zu plärren beginnt. Wenn die dort hinter dem großen Teich dann schon damit fertig sein werden, die Briefwahlstimmen auszuzählen…

Obwohl die Zustände in den Vereinigten Staaten auch unser Leben hier mit bestimmen und prägen, dürfen wir Europäer nicht mit abstimmen. Ob in den nächsten vier Jahren Trump oder Biden regiert, darauf haben wir keinen Einfluss.

Und so wichtig es für die Menschen in den Staaten ist, wer nun dort regieren wird – für uns hier wird es wahrscheinlich keinen großen Unterschied machen. Denn selbst wenn Biden gewählt wird – er würde viel mehr als nur vier Jahre brauchen, um das aufzuräumen und in Ordnung zu bringen, was Trump in den letzten vier Jahren zerstört und vernichtet hat.

Die zerbrechliche Einheit zwischen den Menschen in den USA ist dahin, Schwarze und Weiße, Reiche und Arme, Migranten und Eingesessene, gut vernetzte Menschen mit Einfluss und einem gut bezahlten Job und solche, die vier Arbeitsstellen haben und außer ihrer Familie und ein paar Kolleginnen niemanden kennen – sie stehen nun nebeneinander und haben fast nichts gemeinsam ausser dem Mißtrauen und dem gegenseitigen Unverständnis.

Obamacare wird sich nicht wieder beleben lassen, der Zaun zwischen den Staaten und den Mexikanern wird stehen bleiben, die Alliierten werden weiter vorsichtig und diplomatisch bleiben, das Vertrauen in eine echte Freundschaft ist verspielt. Umweltschutz, Frieden, Entwicklungshilfe – Arbeitsfelder, die um Jahre oder Jahrzehnte zurück geworfen wurden, werden lange brauchen, um wieder auf den Stand von 2015 zu kommen.

Viel mehr Menschen als früher leben in Angst und Sorge, und aus dieser Angst wächst der Hass und die Gewaltbereitschaft, die man fast täglich in den Medien sehen kann.

Wie immer die Wahl ausgeht – ich hoffe, dass beide Seiten ohne Betrug und Wahlfälschung zu ihrem Ergebnis kommen und es anerkennen können, ohne dass in den Straßen Steine fliegen, Autos brennen, Menschen verletzt werden und sterben…

God bless America!

Das besondere Kleid zur Taufe…

Die Modenschau…

Hundert Leute waren gekommen, um die Präsentation zu sehen: Der berühmte Modedesigner hat eine neue Kollektion entworfen, Sommerkleider in vielen verschiedenen Farben. Heute sollen sie zum ersten Mal vorgestellt werden, keiner hat sie bisher gesehen, aber schon in einem Monat würde man sie in jedem Katalog ansehen und in jedem Kaufhaus anprobieren und kaufen können.

Kleider in knalligen Farben gab es zu sehen, rot und gelb, hellblau und grün, violett, weiß und naturfarben, und sogar schwarze Kleider – und zum Schluss natürlich der Höhepunkt: Das Brautkleid. Eine glitzernde Pracht in weißer Spitze und leuchtendem Tüll, mit passendem Schleier und einem funkelnden Diadem, das gehörte bei diesem Designer immer dazu: er war hoffnungslos romantisch…

Und seine Kundinnen liebten die Hochzeitskleider, auch wenn sie nie eines davon tragen würden. Es waren Traumkleider für Träumerinnen…

Nach der Präsentation wurde er von einer Reporterin für die berühmte Modezeitschrift interviewt: „Ihre Kleider, Mäntel und Röcke sind immer sehr ausdrucksstark. Die bunten Farben, die kräftigen Muster – sie fallen sofort ins Auge. An welche Personen haben Sie gedacht, als sie diese Kleider entworfen haben?“

Der Designer antwortet: „Ich glaube an das alte Sprichwort: Kleider machen Leute. Ich entwerfe meine Kleidung für Frauen, die den Mut haben, ihre Persönlichkeit zu zeigen. Die kräftigen Farben fordern und entwickeln einen starken Charakter, Die Muster passen nicht zu einer schüchternen Frau. Die Frau, die meine Kleidung trägt, die zeigt damit, wie sie ist. Und wer sie sein möchte. Meine Kleider machen Frauen selbstbewusst und stark!“

Kinder verkleiden sich auch gern. Sie brauchen keine Designermode, eine Decke oder ein Tuch reicht auch, eine glitzernde Kette aus dem Spielzeugautomaten, eine Haarspange aus Muttis Krimskramskiste, notfalls auch ein paar Meter weißes Klopapier – und fertig ist die Prinzessin, die Mumie, der Pirat oder was immer die kindliche Phantasie gerade braucht.

Auch diese Kleidung verändert – und aus dem furchtsamen Kind wird plötzlich ein Held, der auf Drachen reitet, oder ein Vampir, der Nachts auf die Suche nach Opfern geht, oder ein Cowboy, der Gott fürchtet und sonst nichts auf der Welt…

Vom Kleiden und Verkleiden ist auch in der Bibel an vielen Stellen die Rede. Adam und Eva lebten im Paradies, und sie waren nackt und schämten sich nicht. Aber als sie von der verbotenen Frucht gegessen hatten und das Paradies verlassen mussten, konnten sie nicht nacktbleiben. Gott machte ihnen Schürzen aus Fell, heißt es im ersten Buch Mose, damit sie sich nicht vor einander schämen mussten.

Ganz kleine Kinder spielen heute noch gerne nackt, wenigstens im Sommer, wenn es warm ist; aber ab einem gewissen Alter brauchen sie Kleidung. Sie müssen ihren Körper bedecken. Wenn Kinder geboren werden, sind sie nackt.

Aber für ihr Leben gibt es ganz viele Kleidung: die guten Sachen, die man bei einem Fest anzieht, wenn jemand Geburtstag hat oder getauft wird, die normalen Sachen, die man anzieht, wenn man Einkaufen geht oder in die Schule oder zur Arbeit; es gibt die alten, dreckigen Sachen, die man anzieht, wenn man in der Garage am Auto herumschraubt oder den Fußboden aufwischt – und es gibt die ganz besondere Kleidung, die man nur an einem ganz besonderen Tag trägt: das Hochzeitskleid zum Beispiel, oder den Anzug, den man trägt, wenn man konfirmiert wird. Und es gibt Uniformen, an denen alle gleich sehen können, das man eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hat – als Polizistin oder Feuerwehrmann, als Arzt oder Pfarrerin, als Fußballspieler, Kapitän oder Pilotin in einem Flugzeug…

Kleider machen Leute – man sieht nicht nur anders aus, sondern man ist in gewisser Weise jemand anders, wenn man andere Kleidung anhat. Die Veränderung ist nicht nur außen, sondern sie geht ganz tief in das Innere eines Menschen hinein.

Und so ist es auch mit der Taufe: Was man sehen kann, ist fast harmlos und unbedeutend – der Pfarrer macht einem die Haare nass und macht ein Kreuzzeichen auf die Stirn; er sagt ein paar Worte, zündet eine Kerze an und betet, und dann ist schon alles vorbei. Das Wichtige passiert innen, wo man es nicht sieht, es passiert zwischen dem Menschen, der getauft wird, und dem Gott, dessen Name genannt worden ist.

Es ist so, als ob ein altes Kleid ausgezogen wird – ein Kleid, das man nie so wirklich gern angezogen hat, weil es einen daran erinnert, dass man arm ist, dass man sich oft schmutzig gemacht und bekleckert hat, ein Kleid, das längst völlig aus der Mode ist. Und dann bekommt man ein neues Kleid, eins, das völlig ohne Flecken ist, keine Löcher und keine Risse hat, ein Kleid, das man liebt und das einem Mut macht und auf das man stolz sein kann – wie auf die Kleidung eines Feuerwehrmannes oder das Trikot der Lieblingsmannschaft. Ein Kleid, das die Traurigkeit und die schlechten Erinnerungen vergessen lässt, ein Kleid, das sagt: Du bist es wert, du bist würdig, du bist geliebt. Genau das ist es, was in der Taufe passiert: Gottes Name wird genannt, der Name des Vaters, der Sohnes und des Heiligen Geistes. Und Gott ist es, der sagt: Du bist es wert, du bist würdig, du bist geliebt.

Könnt Ihr euch vorstellen, könnt Ihr euch erinnern, wie wundervoll das ist, wenn jemand ganz ehrlich und voller Überzeugung zu euch sagt: „Ich liebe dich. Du bist wertvoll für mich! Du hast eine ganz eigene Würde. Ich vertraue dir…“? Wenn das passiert, dann ist es ein ganz besonderer Tag. Der alle anderen Tage danach irgendwie verändert, heller macht, leuchtender und strahlender. Ein Tag, an dem man gut ein Hochzeitskleid anziehen könnte. Oder ein Taufkleid. Eins, das selbstbewusst macht und stark und schön…

Fett gedruckt und mutig und frech – Die Luther-Bibel

Martin Luther hat vorgesehen, dass in seinen Bibelübersetzungen bestimmte Verse und Sätze hervorgehoben und fett gedruckt werden sollen. Die „Kernstellen„, die besonders deutlich und klar ausdrücken, was für den christlichen Glauben wichtig ist, was „Christum treibet„, sollten sie der Leserin und dem Leser sofort ins Auge springen.

Diese Tradition ist bis heute fast in allen Ausgaben und Neufassungen der Luther-Bibel beibehalten worden. Die Anzahl und Auswahl der Kernstellen ist zwar im Laufe der Zeit variiert worden, doch gibt es auch in der neuesten Ausgabe der Lutherbibel von 2017 diese fett gedruckten Sätze, die zeigen, was gläubigen Menschen heute besonders wichtig erscheint.

Die „fetten“ Schriftarten gibt es auch in fast allen Textverarbeitungsprogrammen auf dem Computer – dort heißen sie oft „heavy“, „black“ oder „bold“.

Das englische Wort „bold“ hat dabei ein paar Nebenbedeutungen, die ich für sehr interessant halte: Einerseits heißt es natürlich „fett“ und „dick“ und beschreibt also die Schriftzeichen, die so genannt werden. „Bold“ heißt aber auch „mutig“, „selbstbewusst“ und „kühn“. Manchmal könnte man es auch mit „waghalsig“ und „frech“ übersetzen.

Luther hat in seinen Schriften und in seinen (Streit)-Gesprächen wert darauf gelegt, dass belastbare theologische Aussagen gemacht werden, sichere Worte gesprochen werden. Er meinte damit, dass Theologen und allgemein gläubige Menschen – wenn es um Gott geht – Dinge sagen sollten, die sie ernst meinen, für die sie auch einstehen würden; dass sie ihren Standpunkt vertreten sollten und eine Linie ziehen, hinter die sie nicht zurückweichen würden. Eine sichere theologische Aussage ist in diesem Sinn ein Glaubensbekenntnis, nach dem man sagen müsste „Das ist es, was ich glaube und worauf ich mich verlasse. Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“

Wenn jemand seinen Glauben bekennt, muss er mutig und kühn sein, vielleicht sogar frech und waghalsig. Er muss sagen können, wofür er steht und hinter welche Linien er nicht zurück gehen würde. Er muss – um es mit einem Wort zu sagen – bold sein. Was er sagt, müsste auch fettgedruckt in der Öffentlichkeit stehen können, ohne dass derjenige sich dafür schämt, der diesen Standpunkt eingenommen hat.

Ich sage das nicht, um Spaltungen und Abgrenzungen das Wort zu reden, im Gegenteil. Ich bin für Dialog und Offenheit auch in Glaubensdingen. Aber ein sinnvolles Gespräch und eine fruchtbare Diskussion ist nur möglich, wo man erkennbar eine Meinung und eine Überzeugung hat und mit klaren und deutlichen Worten sagen kann, wofür man steht. Von diesem sicheren Grund aus kann ich dann Schritte auf den anderen hin machen und sehen, ob wir irgendwo einen gemeinsamen Standpunkt finden und uns auf Worte und Gedanken einigen können, die wir dann gemeinsam vertreten – wiederum mit deutlichen, mutigen, leidenschaftlichen und notfalls auch fettgedruckten Worten.

Irgendwoher kannte ich das Wort übrigens schon: Ich war doch jahrelang unterwegs mit der kühnen und mutigen Besatzung des Raumschiffs Enterprise, das ferne Sterne und fremde Galaxien erforscht, neues Leben und unbekannte Zivilisationen – to boldly go where no man has gone before…