Von der Sehnsucht und der Schönheit einer großen Liturgie…

Seit einer Stunde bin ich wach und kann nicht mehr schlafen. Ich bin erfüllt von den Gottesdiensten, die ich am Heiligen Abend in „meinen“ Kirchen gefeiert habe. Jeder war ein bisschen anders, die Gemeinde feiert und predigt ja immer mit, und so war es in einer Kirche volkstümlich fröhlich, in einer anderen romantisch und gemütlich, in der dritten konzentriert und eindringlich, und zuletzt still und meditativ. Es war schön, ich war ganz zufrieden; nach dem Lampenfieber, das mich am Nachmittag überfallen hat, ist doch alles gut gegangen.

Jetzt in der Nacht habe ich mich plötzlich erinnert an die Feiern in der Christnacht in meiner Gemeinde in Alt-Schöneberg. In einer Stadtkirche sind natürlich ganz andere Feiern möglich als in einer kleinen Gemeinde auf dem Dorf.

Ich erinnere mich an eine festliche Liturgie mit vielen Lesungen, mit Gebeten und der Feier des Abendmahls. Ein großer Chor hat vierstimmige Choräle gesungen, der Gottesdienst hat fast anderthalb Stunden gedauert und war an keiner Stelle langweilig.

Bei aller Schönheit, die auch in den Dorfkirchen möglich ist – ich vermisse den Gesang „Den die Hirten lobeten sehre…“ mit den wechselnden Stimmen aus den vier Ecken der Kirche, ich vermisse die fünf Lesungen, die langsam auf das Wunder hin weisen, das in der Heiligen Nacht geschieht, von den Prophezeihungen der Propheten und der stürmischen Erwartung in den Psalmen, von den klugen Gedanken der Apostel in den Brieflesungen bis hin zur Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium. Aber am meisten vermisse ich den festlichen Auftakt in der dunklen Kirche, bevor die Kerzen entzündet werden und die Kirche mit Glanz füllen: „Als alles still war und ruhte und eben Mitternacht war, sandte Gott sein ewiges Wort, und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, es offenbarte die göttliche Herrlichkeit, zum Heil für sein Volk und zur Erlösung der ganzen Menschheit…“

Ich frage mich, ob die Hirten auf dem Feld nach dieser Nacht nicht für immer den Gesang der Engel vermisst haben, die lauten, klaren Stimmen, die über ihnen das Gloria gesungen haben: „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden, den Menschen seines Wohlgefallens…“

Viele Menschen gehen in der Weihnachtszeit in Kirchen und Konzertsäle, um das Weihnachtsoratorium von Bach zu hören und schöne Gesänge von einem großen Chor. Aber nur Wenige wissen noch die Schönheit einer festlichen, traditionellen, über Jahrhunderte gewachsenen Liturgie zu schätzen. Auf meinen Dörfern würde zu einer Christnacht niemand kommen, und der Gottesdienst darf nicht länger als eine Dreiviertelstunde dauern. Und viele Leute vermissen eher „Leise rieselt der Schnee“ und „Sind die Lichter angezündet“ als die Gesänge der Altvorderen.

Ich weiß, gerade an Weihnachten sind viele Menschen in der Kirche, die nur einmal im Jahr in der Kirche sind und die mit ganz anderen Erwartungen kommen, die sich ein Krippenspiel wünschen und ein „niedrigschwelliges“ Angebot in einfacher und möglichst inklusiver Sprache, einen Gottesdienst, ,nach dem sie zufrieden wieder nach Hause gehen können zu Weihnachtsbaum, Geschenkpapier und Kartoffelsalat mit Würstchen. Und das ist ja völlig in Ordnung. Ich mag das alles auch.

Ich möchte diesen Wunsch der Gemeindeglieder nicht schlecht machen oder für unwichtig halten. Trotzdem wünsche ich mir wieder einmal einen Gottesdienst, der mich mit hinein nimmt in die tausend Jahre alte Tradition und der mich spüren lässt, dass ich als glaubender Mensch ein Teil von Etwas bin, das so viel größer ist als ich und die paar Jahre, in denen ich leben und lieben kann…

Musik für den vierten Advent und die Heilige Nacht…

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Übersetzung der Luther-Bibel


Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, daß alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, daß er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt.

Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger.

Und als sie dort waren, kam die Zeit, daß sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr.

Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.

Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.

Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Laßt uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen.

Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten.

Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.

Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

Pilgerlied für die Weisen aus dem Morgenland

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Ein Stern leuchtet auf
In dunkelster Nacht
Hat uns aus Gelehrten
Zu Pilgern gemacht.

Wir laufen am Tage
Wir wandern durch Nacht
Wir sind auf der Suche
Nach der göttlichen Macht.

Geh‘ voran, geh‘ voran
Goldener Stern!
Wir werden dir folgen,
Ist das Ziel auch noch fern!
Und bleiben erst stehen
Beim König, beim Herrn!

Wo sucht man den König?
Im goldenen Haus?
Im Schloss in der Hauptstadt?
Dort lacht man uns aus.

Wir hören nur Lügen!
Wir sind unbequem!
Nun gehen wir weiter
Nach Bethlehem.

Geh‘ voran, geh voran,
Goldener Stern!
Wir werden dir folgen,
Ist das Ziel auch noch fern,
Und bleiben erst stehen
Beim König, beim Herrn.

Da steht der Stern still
Über Hütte und Stall
Sein goldenes Strahlen
Ist nun überall…

Erleuchtet die Gassen
Strahlt aus in das Feld
Dringt ein in die Herzen
Erfreut alle Welt.

Geh‘ voran, geh‘ voran,
Goldener Schein!
Wir sind gekommen,
Hier kehren wir ein!
Kein König, kein Herrscher
Wird würdiger sein.

Es singen die Engel,
Sie staunen wie wir.
Und still steh’n die Hirten
Im hellen Licht hier:

Das Kind in der Krippe
Wir glauben daran –
Gott ist hier viel näher!
Wir beten ihn an…

Predigen über Kirchenlieder

Ein Vortrag für den gemeinsamen Konvent der Pfarrer und der Kirchenmusiker im Kirchenkreis Berlin-Neukölln

1. Ich bin neidisch auf die Musiker

Ich gestehe: Ich bin oft ein bisschen neidisch gegenüber Kirchenmusikern, Organisten und Kantoren: Wenn sie zu einem Konzert einladen, ist die Kirche voll. Dutzende bis Hunderte begeisterter Menschen füllen die Kirchenbänke und Gemeindesäle; es kommen sogar Leute, die noch nie eine Predigt gehört haben oder am Abendmahl teilnahmen.

Auch nach einem Gottesdienst sagen mir viele Leute an der Kirchentür, was für eine große Bereicherung des Gottesdienstes die wundervolle Kirchenmusik war, wie schön der Chor gesungen hat und dass die Band mit ihren bluesigen Gospelklängen diesen Gottesdienst zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht hat.

Da fühlt sich der Pfarrer immer ganz klein und unwichtig und hofft, dass die Gebete, die Predigt und die Liturgie mit dem Segen am Schluss auch irgendwie witksam waren für das geistliche Leben der Gemeindeglieder.

Unterschätzen Kirchenmusiker nicht ihre Rolle im Gottesdienst, wenn sie sich Woche für Woche von ihrer Pfarrerin oder ihrem Pfarrer die Liturgie mailen lassen, inclusive der Lieder, die in diesem Gottesdienst gespielt werden? Sollten sie an dieser Stelle nicht viel mehr mitreden, von sich aus Vorschläge machen und mit entscheiden über diesen so wichtigen Teil des Gottesdienstes und der christlichen Verkündigung? Und unterschätzen sie nicht auch ihre Aufgabe, wenn sie unvorbereitet, innerlich unbeteiligt und ohne eigene Ideen die Choräle runterspielen zu einem müden Gemeindegesang und nur aufleben, wenn sie beim Vor- und Nachspiel und vielleicht noch bei der Begleitung des Abendmahlsgeschehens in eigenen Improvisatioenen brillieren können?

2. Im Gespräch

Uns Pfarrern und uns Kirchenmusikern gemeinsam ist der Auftrag zur Verkündigung. Das Wort Gottes im Gottesdienst zu vergegenwärtigen, die frohe Botschaft für die Gemeindeglieder und ihre Nachbarinnen und Nachbarn aktuell zu machen, sie zu interpretieren. Das tun wir Pfarrer, indem wir die Bibel auslegen. Das tun Kirchemusiker, indem sie Musik und Texte passend zum Charakter des Sonntags im Kirchenjahr auswählen, gegenüber Chorsängerinnen und Chorsängern den theologischen Hintergrund der Kantaten und Oratorien deutlich machen und so bis in die Phrasierung und Betonung der Interpretation hinein deutlich machen, was da eigentlich geharft, gepfiffen und gesungen wird? Und das alles, wie Bach es immer wieder unter seine Noten schrieb, zur größeren Ehre Gottes?!

Wir haben das im Studium gelernt; verschiedene Methoden der Exegese, historisches Grundwissen zur biblischen Geschichte, zur Dogmengeschichte und zur Geschichte der Rezeption Biblischer Texte sind unser „Handwerkszeug“. Eine gute Rhetorik und eine Liebe zur Poesie können beim Predigen helfen.

Alles das hat meiner Ansicht nach den Zweck, mit der Gemeinde in ein Gespräch zu treten, oder besser – in eine Diskussion unter allen Christinnen und Christen zu treten, wie denn die Bibel zu verstehen ist, was wir über Gott erfahren und wie wir gemeinsam unseren Glauben leben können.

Die biblischen Texte in ihrem Zusammenhang auf der einen Seite, die Predigthörerinnen mit ihrer Lebensgeschichte auf der anderen Seite und dazwischen die Predigerinnen bzw. der Prediger mit ihrem theologischen Verständnis und ihrem gelebten Glauben – sie bilden das bekannte Dreieck, in dem das Verkündigungsgeschehen statt findet.

3. Eine neue Dimension

Wenn ich nun über ein Werk der christlichen Kirchenmusik predige, kommen gewissermaßen zwei neue Gesprächspartner in die Runde: Der Dichter des Liedtextes und der Musiker, der die Melodie dazu schreibt und interpretiert. Es ist eine ganze zusätzliche Dimension der möglichen Ausdrucksformen, die es nun zu beachten gilt. Der Komponist nimmt den Bibeltext in seinen Liedern und Melodien auf, interpretiert ihn im Rahmen des theologischen und musikalischen Hintergrundes seiner Zeit und fordert Predigerin und Zuhörerinnen heute auf, sich mit ihrem Glauben, Fühlen und Denken damit auseinender zu setzen.

Nach meiner Meinung ist vor allem dies die zusätzliche Dimension, die die Musik in das Gottesdienstliche Geschehen einbringt: das Gefühl, die Emotion, die „Erhebung“, die eintritt, wenn das Evangelium nicht nur gesprochen und gehört wird, sondern geatmet, gesungen, getanzt und fühlbar gemacht wird, wenn es nicht ein eindimensionales Senden und Empfangen einer Botschaft ist, sondern ein gemeinsames Tun und ein gemeinsames Erleben aller im Gottesdienst Anwesenden ist

4. Versuchungen

Wenn eine Pfarrerin oder ein Pfarrer über einen Choral oder ein Kirchenlied, eine Kantate oder einen Gospelsong predigt, gibt es einige Versuchungen, die es zu vermeiden gilt. Es ist nicht unsere Aufgabe, im Gottesdienst unsere umfassende kulturelle Bildung zu präsentieren. Weder sollen wir zum Museumsführer oder zum Erklär-Bären für Menschen werden, die weniger Wissen über oder weniger Erfahrung mit Kirchenmusik haben. Wir sollen auch nicht Musikkritiker sein oder einfach nur in begeistertes Schwärmen verfallen.

Nur in Ausnahmefällen sollten wir gegen den Komponisten oder Texter predigen – wenn deren Intention dem, was wir glauben und predigen wollen, so extrem entgegen steht, dann sollten wir über dieses Lied besser gar nicht predigen und es auch nicht im Gottesdienst singen.

Und was immer wir predigen, indem wir Texte, Melodien, Gedanken und Theologie der Lieder aus dem Kirchengesangbuch auslegen – letze Richtschnur und Aufgabe des Menschen, der auf der Kanzel steht, bleibt das Wort Gottes, bleibt die christliche Verkündigung und das Bekenntnis der Kirche. So spannend es manchmal auch wäre – Kulturkritik und Musikgeschichte müssen in der Erwachsenenbildung der Gemeinden einen anderen Ort finden als den Gottesdienst.

Und zuletzt: Musik kann leicht manipulieren und die Gefühle der Menschen verführen. Musik muss verantwortlich eingesetzt werden, und auch die Predigenden sollten wissen, was sie tun, wenn sie in dieser Art zu den Herzen der Menschen sprechen. Ich habe zu lange Kontakt zu charismatisch und pfingstlerisch angehauchten Gemeinden gehabt, um von dieser Gefahr nichts zu wissen: Es gibt ein zu wenig, aber es gibt auch ein zu viel.

5. Wieso nicht?

Trotz dieser Versuchungen sehe ich große Chancen in der Unternehmung, über und mit Liedern zu predigen. Musik, Melodie und Rhythmus finden einen direkteren, unmittelbareren Weg in das Herz der Menschen und ihr Gedächtnis und ihr Gewissen als tausend klug gesetzte und engagiert vorgetragene Worte von predigenden Menschen. Es spricht nichts dagegen, diesen Weg, diesen Zugang auch zu nutzen.

Wenn sich Musik und Wort gegenseitig beeinflussen und bekräftigen, inhaltlich und formal, können beide nur gewinnen – wie ich meine: zum Nutzen der Gemeinde und zur größeren Ehre Gottes.

Kostbarkeiten aus meinen Kirchen – die DEREUX-Orgel

Ich habe in dieser Woche ein bisschen Zeit gehabt, in den Kirchengebäuden meines kleinen Sprengels herumzusuchen und zu kramen, und ich habe dabei entdeckt, dass es in der Kirche der Kirchengemeinde Wassmannsdorf eine DEREUX-Orgel gibt. Dies ist eine elektronische Orgel mit analog gesampleten Klängen; ein sehr ungewöhnliches und technisch außerordentlich interessantes Instrument aus dem Jahr 1973.

Die Töne werden in diesem Instrument nicht durch elektronisch erzeugte Sinus- oder Rechteckkurven produziert, wie es bei der Hammond-Orgel beispielsweise der Fall war, noch waren sie digitalisiert gespeichert, wie es bei den späteren digitalen Instrumenten die Regel ist.

Der französische Erfinder dieses ganz eigentümlichen Prinzips hat die Wellenformen, die von echten Orgelpfeifen erzeugt werden, vom Bildschirm eines Oszillographen abgezeichnet und mit einem Silber-Druckverfahren auf Bakelitscheiben gedruckt.

Für jeden Ton der Tonleiter gibt es einen eigenen Tongenerator, in dem die Klänge in verschiedenen Klangfarben und Tonhöhen aufgezeichnet sind. Jeweils zwei feststehende Bakelitscheiben tragen diese Information, und zwischen ihnen drehen sich die Abtastscheiben, die berührungsfrei durch ein elektrostatisches Verfahren diese Wellenforman auslesen, die dann mit Röhren- oder Transistorverstärkern weiterbearbeitet werden.

Leider ist die Orgel zur Zeit nicht zu benutzen, obwohl der Motor läuft und auch der Verstärker offensichtlich in Ordnung ist. Es könnte aber sein, dass der Hochspannungsgenerator defekt ist; und daran traue ich mich mit meinem Laienverstand nicht – immerhin arbeitet die Orgel intern mit Spannungen um 1000 Volt!

Faszinierend an diesem Prinzip ist, dass die Dereux-Orgel mit einer Art analogem Sampling arbeitet. Vor dem Einsatz des elektrostatischen Verfahrens experimentierte Dereux auch mit Schallplatten und Tonbändern als Datenträger für die Klang-Informationen; konsequent zu Ende gedacht ist seine Idee aber erst in den Geräten, die in den siebziger Jahren gebaut und in Deutschland vor allem durch die Firma Steinway & Sons vertrieben wurden. Eine Dereux-Orgel kostete damals nur etwa ein zehntel des Preises, den eine entsprechende Pfeifenorgel kostete, und war gegenüber Umwelt-Einflüssen wesentlich weniger empfindlich. Sie war auch viel leichter zu transportieren und aufzustellen und brauchte wesentlich weniger Wartung.

In der Gebrauchsanweisung steht:

Nach eingehendem Studium der klanglichen Eigenschaften berühmter historischer Kirchenorgeln in Paris nahm der französische Erfinder Dr. J. A. Dereux den Ton jeder Pfeife, Register für Register, mit Spezialmikrophonen auf und hielt die Schwingungskurven mit einem zu diesem Zweck entwickelten besonders empfindlichen Oszillographen zeichnerisch fest.

Nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen konnten die so aufgezeichneten Schwingungskurven im Druckverfahren mit einer Silbermetall-Legierung auf Bakelitscheiben konzentrisch übertragen werden. Aus diesem wesentlichen Teil des Tongenerators wird durch den Abstand der einzelnen Kurven vom Mittelpunkt die Oktave bestimmt, in welcher der Ton angehalten wird, während die Schwingungskurve selbst den Ton des wiederzugebenden Registers darstellt.

Jeder der zwölf Tongeneratoren, die jeweils einem Ton und dessen Oktaven entsprechen, besteht aus zwei feststehenden Bakelitscheiben. Zwischen diesen dreht sich die Abtastscheibe. Die einzelnen Generatoren bestimmen die Tonhöhe durch die unterschiedlichen Geschwindigkeiten ihrer Abtastscheiben.

Wird nun ein Register gezogen und eine Taste gedrückt, entsteht ein Kapazitätenwechsel zwischen den beiden feststehenden Scheiben und der rotierenden Abtastscheibe. (…)

Mit äußerster Präzision wird die durch Taste und Register bestimmte Schwingungskurve auf der Abtastscheibe abgelesen, und ein entsprechend modulierter Strom gelangt zum Verstärker, durch den er über die Lautsprecheranlage zum Ton umgewandelt wird.

Der Vorteil dieses Systems liegt darin, daß beim Tongenerator, Hauptbestandteil des Instrumentes, jeglicher Materialverschleiß entfällt, weil zwischen den beiden feststehenden Scheiben lediglich ein Kapazitätenwechsel des elektrischen Stromes stattfindet, aber keine Berührung. Das Instrument kann sich nicht verstimmen, weil die Schwingungskurven auf den beiden Scheiben des Tongenerators festliegen. Weder klimatische Veränderungen noch Heizungseinwirkungen haben Einflüsse auf die Tonqualität.