My very fractal life…

„Wir bestehen alle nur aus buntscheckigen Fetzen , die so locker und lose aneinanderhängen, dass jeder von ihnen jeden Augenblick flattert, wie er will; daher gibt es ebenso viele Unterschiede zwischen uns und uns selbst wie zwischen uns und den anderen.“

michel de montaigne

„der höchste grad an spannung, den eine person oder kultur aushalten kann, ist meiner meinung nach der wichtigste und produktivste psychische zustand eines individuums in der menschlichen kultur.“

thomas berry



die vielen stimmen in mir, wie kann ich sie leben, alle, ohne dass mich die gegensätze zerreissen?

m.l.

Ach, Gott, du weißt schon…

Warum ich bete, ist schwierig zu erklären. Jemand, der selbst auch gläubig ist, wird auch selbst beten und wird selbst wissen, warum er das tut. Jemandem, der nicht an Gott glaubt, wird schwer klar zu machen sein, warum ein Gebet etwas anderes ist als ängstliches Pfeifen im Dunklen oder ein Gespräch mit dem unsichtbaren Phantasiefreund in der Kinderzeit.

Als erwachsener Mensch mit einer modernen, auch in den Naturwissenschaften geübten Bildung fällt es mir nicht ein, in meinen Gebeten ganz einfach Bitten um ein übernatürliches Eingreifen Gottes auszusprechen, so wie ich es als Kind eine Zeit lang ziemlich selbstverständlich getan habe: Wenn ich einen Schlüssel verloren habe, wenn ich mir eine gute Note in einer Prüfung gewünscht habe, wenn ich Zahnschmerzen habe – dann habe ich gebetet. Es steht doch schon in der Bibel: „Rufe mich an in der Not, so will ich dich hören, und du sollst mir danken!“ Mir fällt aber oft nicht mehr ein als innerlich zu seufzen: „Ach Gott… Du weißt schon!“

Auch viele erwachsene Christenmenschen beten so, und wenn ich mir die Gebete in den liturgischen Büchern der Kirchen in Deutschland ansehe, ist es auch in den gemeinsamen Gebeten im Gottesdienst nicht anders. Um Frieden in der Welt wird da gebetet, um genügend Nahrung für alle Menschen, um Gesundheit und Glück für die Menschen in der Gemeinde und um ein glaubwürdiges und wahr-nehmbares Anteilnehmen der Kirche an den Aufgaben der Gesell-schaft. Wir beten um Schutz für unsere Kinder, um Bewahrung während einer Reise, um Erfolg bei unserer Arbeit und um einen sanften und schmerzfreien Tod für die, denen nichts anderes mehr helfen kann.

Wer aber ernsthaft so betet, der glaubt auch, dass Gott in den Alltag der Glaubenden eingreift, sozusagen Schutzengel schickt, die Unfälle verhindern und Viren unwirksam machen; wer betet, der glaubt, dass Gott Generälen, Politikern und Wirtschaftsbossen neue Gedanken und Ziele in die Köpfe pflanzt, damit sie das Wohl der Umwelt und der Völker über ihren Egoismus stellen… Wer ernsthaft so betet, der erwartet Wunder.

Wenn ich nicht mehr an diese Art Wunder glauben kann, kann ich dann auch nicht mehr beten? Wenn ich das Gefühl habe, dass Gott ganz weit weg oder sogar unerreichbar für mich ist, wer hört dann mein Gebet? Wenn ich glaube, dass die Welt nach mathemathischen und physikalischen Gesetzen funktioniert und selbst Gott diese Regeln nicht bricht, weil jemand betet – welchen Sinn hätte das Gebet dann noch? Wenn ich erfahre, dass mein Gebet unerhört und wirkungslos bleibt, habe ich dann nur nicht ausdauernd genug, nicht kräftig und energisch genug gebetet? Hat es mir an dem wahren Glauben gefehlt?

Im Lukas-Evangelium wird erzählt, dass die Jünger Jesus fragten, wie man denn „richtig“ beten solle. Jesus antwortete ihnen, dass das Gebet nicht eine Art Schauspiel sein soll, eine Performance, mit der wir andere Menschen beeindrucken wollen. Gott hört uns nicht besser, wenn wir viele Worte machen; und wir sollen unser Gebet nicht missbrauchen, um Frömmigkeit zu demonstrieren und unsere Glaubenskraft anderen vor Augen zu stellen. Wer so betet, sagt Jesus, der hat seinen Lohn schon dahin.

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Als Beispiel für ein richtiges und angemessenes Gebet gibt Jesus seinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern das „Vater unser“. So sollt ihr beten, nicht mit vielen Worten, nicht gierig oder selbstgerecht, sondern glaubend und vertrauend, weil ihr wisst, dass ihr in Gottes Händen seid und von Seiner Gnade lebt:

Der Anfang des Gebets setzt eine tiefe, vertraute Beziehung voraus. Jesus sagt: „Ihr dürft Gott Vater nennen!“ Gebete richten sich nicht an eine unpersönliche Macht, nicht an eine nebulöse Geistkraft, nicht an das Universum. Unser Gebet hat eine Adresse, ein egenüber, jemanden, der zu hört. Gebete sind nicht nur Meditation oder Atem-übungen. Wer betet, vertraut auf die Treue und die Liebe Gottes. Jesus ist dafür zuerst das Bild vom Vater in den Sinn gekommen; er hat wohl immer so gebetet: „Abba! Lieber Vater!“ Seine Hände haben uns geschaffen, in seinen Händen leben wir, in seine Hände kehren wir zurück. Ohne ihn sind wir nichts, aber durch ihn ist uns alles gegeben. Darauf sollen wir vertrauen, dies ist der Grund unserer Hoffnung.

Aber die Bitten, die Jesus seinen Jüngern in den Mund legt, sind nicht die diesseitsbezogenen Wünsche, die wir so oft vor Gott bringen. Die erste Bitte beginnt bei Gott und bleibt auch gleich bei Gott stehen. Dein Name werde geheiligt. Geehrt und gewürdigt sein soll der Name Gottes, nicht mißbraucht, um Menschen zu verführen oder zu manipulieren. Gott soll nicht benutzt werden, um eigene Ziele zu erreichen, auch sein Name soll nicht eigene Fehler beschönigen oder Hintergedanken vertuschen. Mit Ehrfurcht und Respekt soll der Name genannt werden.

Martin Luther schreibt zu dieser Bitte: „Der Name Gottes ist zwar in sich selbst heilig und würdig, darum bräuchte es diese Bitte eigentlich nicht; wir bitten aber, dass er auch bei uns geheiligt werde.“ Gerade im Gebet wird der Name Gottes auf die richtige Art geheiligt, nämlich darin, dass wir ihn voller Vertrauen und Glauben aussprechen. So lassen wir Gott Gott sein und richten uns nicht länger selbst den wichtigsten Platz in unserem Leben und in der Geschichte ein.

Ebenso bleibt auch die zweite Bitte ganz bei Gott. „Dein Reich komme!“ Luther schreibt dazu: Gottes Reich kommt auch ohne unser Gebet von selbst, aber wir bitten in diesem Gebet, daß es auch zu uns komme. Ohne den Namen Gottes für die eigene Einstellung zu mißbrauchen wird hier auch ein starkes politisches Statement gesetzt: Die Reiche dieser Welt vergehen, aber Gottes Reich bleibt bestehen. Die Herren dieser Welt haben ihre Zeit, aber sie wird einst Vergangenheit sein. Aber unser Herr kommt, sein Reich beginnt in unserer Mitte und wird vollendet zu seiner Zeit. Mit dieser Bitte bekennen wir unseren Glauben und erinnern uns selbst daran, daß er unsere Zukunft ist.

Genau so beschreibt Luther auch die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe!“ Gottes Wille geschieht in dieser Welt. Wir beten aber, daß auch bei uns, bei denen, die so beten, Gottes Willen geschehen soll.

Erst jetzt, bei der vierten Bitte, nimmt Jesus die Dinge dieser Welt in den Blick. „Unser tägliches Brot gib uns heute!“ Hier wie nirgendwo sonst bekennen wir, dass wir abhängig sind von allem Guten, das Gott uns gibt, und dass wir es uns trotz aller Wissenschaft und mensch-lichen Weisheit nicht selbst geben können. Was wir zum Leben brauchen, ist Geschenk und Gabe Gottes.

Sonst müsste ich ja nicht bitten. Für mich selbst. Für andere. Für diese Welt. Es fehlt uns das tägliche Brot oder die liebevolle Umarmung. Es fehlt uns das Reich der Gerechtigkeit. Uns fehlt die Herrlichkeit, die Kraft. Es fehlt uns die Gewissheit, es richtig zu machen.

Beten heisst auch: Gott an mich ran lassen. Ganz nah. Mich öffnen, ihm diese Stelle in meiner Seele zeigen – dunkel wie die Tiefsee, dort, wo ich mir selbst ein Rätsel bin. Und jene andere, scharf wie ein Messer, gnadenlos gegen mich selbst und gegenüber anderen Menschen. Aber auch die: so bunt und wuchernd und lebendig, dass ich meine, sie verbergen zu müssen, zu unpassend erscheint sie. Jetzt, wo unser Außen so klein geworden ist, wird unser Innen womöglich groß und größer. Und dann hilft nichts als Beten.

Es hilft, das Unverfügbare zu denken: Die Welt ist nicht in unsrer Hand. Und auch nicht die, die wir lieben – so sehr wir uns um sie sorgen. Ich selbst bin nicht in meiner Hand. Aber da ist etwas. Vater. Mutter. Himmel. Macht hell und vergibt. Da ist etwas. Einer. Eine. JHWH. Wir atmen seinen Namen. Sein Reich komme. Sein Wille geschehe. Tag für Tag gibt er, was wir brauchen. Gott – größer als wir. Von ihm kommen wir. Zu ihm gehen wir. Er weiß, was Not tut, schon bevor wir bitten. Und manchmal: obwohl wir um Anderes bitten.

Und das geht überall. „Im stillen Kämmerlein“ sagt Jesus. Das kann das Wohnzimmer sein, die Küche, die Wäschekammer, das unaufgeräumte Kinderzimmer. Oder das Bad mit dem Spiegel, in dem ich mich selbst ganz ungeschminkt sehe. Das kann auch das Büro sein, oder die Schule. Das stille Kämmerlein kann überall sein. Welcher Ort ist Deiner, wenn du für dich sein willst? Vielleicht ist da ein guter Ort um zu beten. Vielleicht reicht es auch, irgendwo zur Ruhe zu kommen.

Wenn Wir beten, dann hört Gott zu. Im Verborgenen kann ich mit ihm reden. Da sieht mich keiner, wenn ich weinen muss, oder nicht mehr weiter weiss. Dann kann ich beten, dann muss ich nicht viele Worte machen, dann kann ich mich meinem Vater in die Arme werfen: Lieber Gott, du weisst schon.

Nimrod – ein großer Jäger vor dem Herrn…

Wundervolle Musik für einen Sonntagabend. Vor meinem inneren Auge sehe ich eine sonnendurchflutete Landschaft mit kleinen Wäldern, blinkenden Seen und glitzernden Bächen, im Hintergrund Berge unter einem hohen Himmel…

Die Aufgaben des Tages sind erfüllt, die Abenteuer sind bestanden, es ist Zeit für einen guten Wein, ein knuspriges Stück Brot und für duftenden Käse. Irgendwann gehen dann auch die großen Jäger schlafen…

Rund um die Welt…

Mein neues Auto ist gar nicht mehr so neu… In dieser Woche werde ich die Zahl 40.000 auf dem Tacho sehen – einmal rund um die Welt bin ich mit dem Auto gefahren! Ungefähr 2.240 Liter Super-Benzin habe ich dabei verbraucht (Ich hätte gedacht, es wäre viel mehr…) und habe für den Sprit ungefähr 4.000 Euro bezahlt. Ich habe dafür mehr als 30 Tage reine Fahrzeit gebraucht, 91 Acht-Stunden-Tage, drei Monate lang habe ich im Auto gesessen. Drei Monate von den fünfzig Monaten, in denen das Auto mir und meiner Frau gehört.

Meistens war ich beruflich unterwegs, ca. 25.000 Kilometer, und ungefähr 10.000 Kilometer waren die Urlaubsreisen – Ostsee, Schwarzwald, Moselland und Rheintal. Der Rest waren private Fahrten in und rund um Berlin.

Als wir das Auto gekauft haben, hat meine Schwiegermutter einen großen Batzen Geld dazu gegeben; dafür haben wir einen Fünf-Türer gekauft, so dass wir sie trotz ihres Alters mitnehmen konnten. Inzwischen ist sie gestorben, aber jedes Mal, wenn ich mit dem kleinen Flitzer zur Arbeit fahre, denke ich an sie.

Einen heftigen Unfall habe ich auch mit dem Auto gehabt, da war es gerade erst 10 Monate alt – im Kreisverkehr bei Großziethen gab es einen Zusammenstoß – ich war einen Moment unaufmerksam, ein Punkt in Flensburg, 6.000 Euro Schaden. Seitdem ist aber bis auf ein paar kleine Kratzer nicht passiert…

Das Auto ist sehr zuverlässig und komfortabel. Ich hoffe sehr, wir fahren in den nächsten Jahren noch ein paar Mal um die Welt – idealerweise bis ich selbst in den Ruhestand gehe. Dann wird auch der kleine Flitzer seinen Dienst getan haben…

Psalm 84 – neu formuliert für einen Gottesdienst mit Kindern und Jugendlichen

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Wie schön ist es, da zu wohnen, wo Gott zu Hause ist.

Gemeinsam werden wir uns über Gott freuen, jeden Tag neu.

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Wenn wir traurig sind, wenn wir einsam sind,

Und niemand ist da, der mit uns spricht,

Dann tröstet uns Gott, er gibt uns Mut;

Zusammen sind wir nicht allein.

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Wenn uns Hoffnung fehlt und wir nicht wissen,

Ob morgen wieder alles gut und richtig wird,

Dann ist Gott für uns wie ein Licht in der Nacht;

Zusammen sind wir nicht allein.

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Wie schön ist es, da zu wohnen, wo Gott zu Hause ist,

Gemeinsam werden wir uns über Gott freuen, jeden Tag neu.

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Wenn wir uns schwach fühlen, wenn die Kraft uns fehlt,

Jeder Schritt fällt dann schwer und jeder Weg ist zu weit,

Dann gibt Gott uns neuen Schwung und geht vor uns her.

Zusammen sind wir nicht allein.

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Wenn es Streit gibt, wenn zuhause die Luft brennt,

Wenn sogar unsere Freunde uns nicht sehen wollen,

Dann finden wir bei Gott einen Platz, der uns gut tut.

Zusammen sind wir nicht allein.

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Wie schön ist es, da zu wohnen, wo Gott zu Hause ist,

Gemeinsam werden wir uns über Gott freuen, jeden Tag neu.

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Ja, wir wollen zusammen Gutes sagen über Gott!

An guten und an schweren Tagen ist er ganz nah bei uns.

Mit ihm wollen wir lachen und tanzen,

Zusammen sind wir nicht allein.

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Schöne Lieder wollen wir singen,

Die ganze Kirche füllen mit unserem Gesang.

Unsere Freude und unser Glück soll man hören.

Zusammen sind wir nicht allein.

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Wie schön ist es, da zu wohnen, wo Gott zu Hause ist,

Gemeinsam werden wir uns über Gott freuen, jeden Tag neu.

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Ehre sei dem Vater und dem Sohne

Und dem Heiligen Geiste,

Wie am Anfang, jetzt und allezeit

Und in Ewigkeit. Amen.

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Wie schön ist es, da zu wohnen, wo Gott zu Hause ist,

Gemeinsam werden wir uns über Gott freuen, jeden Tag neu.

Der zusätzliche Tag…

29. Februar. 2024. Schalttag. Donnerstag. Gerade habe ich eine Stunde in der Sonne auf dem Balkon gesessen und gelesen. Meine Frau liest zur Zeit Bücher von japanischen Schriftstellerinnen aus dem elften Jahrhundert und ist davon so begeistert, dass ich auch einmal hinein schauen wollte. Aber – entweder ist es die Literatur oder die Sonne  – ich wurde müde und bin jetzt wieder im Wohnzimmer…

Ein ziemlich verpröpelter Tag. Heute Abend ist noch GKR-Sitzung. Ich brauche unbedingt Kaffee.

Ich habe jetzt in meinen alten Kalendern geschaut, was ich eigentlich an den letzten Schalttagen so gemacht habe.

29.2.2020: Ein Samstag. In der Kirchengemeinde trifft sich eine kleine Gruppe, um gemeinsam zu kochen. Fleisch, Gemüse, Gewürze und Getränke wurden schon im voraus eingekauft, jetzt teilen wir uns auf und bereiten die vier Gänge eines Festmahls vor: Tortilla, Tapas, Paella, Kuchen, Kaffee und Süßigkeiten nach spanischem Rezept. Wir haben alle viel Spaß und es schmeckt wunderbar.

29.2.2016: Ein Montag. Ich bin allein zu Hause und nutze die Zeit, mein Büro aufzuräumen. Zwischendurch war ich im Supermarkt einkaufen. Die Fastenzeit beginnt und ich bin hungrig. Lustlos und genervt. Nachmittags habe ich entweder gelesen oder trotz der guten Vorsätze am Computer gedaddelt. Damals habe ich noch mit Begeisterung „Homeworld“ gespielt – man steuert ein paar Dutzend Raumschiffe durch die Galaxis und sucht die Heimatwelt…

29.2.2012: Ein Mittwoch. Am Nachmittag habe ich mich mit meiner neuen Konfirmandengruppe getroffen, zwei Wochen nach dem Elternabend und den Kennenlern-Stunden fängt jetzt der normale Unterricht an. Es geht um Zusammenarbeit, um gemeinsame Projekte und um verbindliche Ziele. Zur Übung bilden wir Teams, die ein Ei so verpacken sollen, dass es den Fall aus dem ersten Stock des Gemeindezentrums überlebt. Was das mit dem christlichen Glauben zu tun hat? Wenig. Aber es macht Spaß,  und am Schluss gibt es Rührei für alle.

29.2.2008: Ein Freitag. Damals war ich noch in meiner Pfarrstelle in Schöneberg. Freitag war immer Wochenschlussandacht in der Dorfkirche. Meistens waren wir acht bis zehn Leute, wir haben gebetet und zusammen die Liturgie der Michaelsbruderschaft gesungen.

29.2.2004: Ein Sonntag. Gottesdienst, Wahrscheinlich. Nachmittags ausruhen. Wenn damals auch schon die Sonne schien, war ich sicher draußen auf der Terrasse.

29.2.2000: Diesen Tag gab’s gar nicht. Denn 2000 war gar kein Schaltjahr. Wegen der Millenniumsregel.

Psalm 51, für einen Aschermittwoch mit Jugendlichen



I. Gott, ich habe Vieles gedacht, gesagt und getan,

was mir später leid getan hat.

II. Ich bin schuldig geworden an den Menschen, die ich liebe

und habe die enttäuscht, die mir wichtig sind;



I. Niemand ist vollkommen, das weiß ich,

und trotzdem schäme ich mich,

eigentlich will ich nicht so sein.

II. Bist Du zornig über mich, Gott?

Du kennst mich gut; habe ich auch Dich enttäuscht?



I. Wirst Du mich verändern, Gott?

Wirst Du mich heilen, mich und auch die, denen ich weh getan habe?

II. Ach Gott, dir gefällt es, wenn ich die Wahrheit sage,

du weißt alles, und du zeigst mir, was richtig und gut ist.



I. Schaffe in mir, Gott, ein reines, treues Herz,

und gib mir einen neuen, festen und zuverlässigen Geist.

II. Wende dich nicht von mir ab, verlasse mich nicht!

Nimm deinen Heiligen Geist nicht weg von mir.



I. Wenn DU mir hilfst, freue ich mich,

wenn Du an meiner Seite bist, habe ich Mut.

II. Mit Dir kann ich die Prüfungen des Lebens bestehen.

An deiner Hand kann ich den richtigen Weg finden.



Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste,

wie es war im Anfang, jetzt und allezeit und in Ewigkeit.

Amen.



Quantanamera!

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Ich bin immer noch „Strohwitwer“, und heute habe ich die Gelegenheit genutzt, abends mal allein weg zu gehen. Ich bin in meine „alte Heimat“ gefahren, nach Schöneberg in den Kiez, den es in Lichtenrade einfach nicht gibt.

Im Varadero habe ich mich an einen kleinen Tisch gesetzt, einen Negroni bestellt und die Atmosphäre auf mich wirken lassen. Das Varadero ist eine traditionsreiche Cocktailbar mitten im Schöneberger Kiez. Die Cocktails sind authentisch, ohne viel Schnickschnack in einfachen Gläsern, aber preiswert und lecker. So, stelle ich mir vor, sind sie in Kuba auch. Es sind jedenfalls immer viele Kubanerinnen und Kubaner da in der Bar, die dort im großen Freundeskreis feiern oder zu zweit und zu dritt den Abend ausklingen lassen.

Von meinem Barhocker aus kann ich den Laden gut überblicken: direkt neben mir sitzen zwölf Leute um einen großen Tisch, reden und lachen und vergessen die Welt um sich herum. Ich komme mir vor wie ein Geheimagent, beinahe ist mir so, als müsste ich eine Zeitung vor dem Gesicht haben, damit mich niemand erkennt. Von den Gesprächen verstehe ich nichts, aber ich kann die Menschen gut beobachten. Es stört sie nicht, sie merken es wohl nicht einmal, nur eine wunderschöne schwarze Frau mit Ohrringen, geflochtenen Zöpfen und tiefdunklen Augen sieht mich kurz an, lächelt und diskutiert dann mit ihrer Freundin weiter.

Weiter hinten in der Ecke stehen kleinere Tische, dort sitzen Vierergruppen, Männer, die lautstark über schnelle Autos reden, Frauen, die sich gegenseitig Bilder auf ihren Handies zeigen, Paare, die sich an den Händen halten, gemeinsam schweigen und nur ab und zu an ihrem Cocktail nippen. Sie werden noch lange dort sitzen, zu zweit sich selbst genug.

Ich bin der Einzige, der dort alleine sitzt. Ich stelle mir vor, ich sei ein Schriftsteller, ein Autor, der Inspiration für seine nächsten Bücher sammelt. In solchen Bars fangen Geschichten an: die zwei Paare, die dort drüben angeregt in einem Fotoalbum blättern – planen sie ein gemeinsame Reise nach Kuba, wo sie noch viel mehr Fotos machen, dann zufällig zu Zeugen eines Überfalls werden, ihre Kameras darauf halten und dann mit den Fotos den Pulitzer-Preis gewinnen? Das vertraute Paar dort hinten in der Ecke – werden sie ein dramatisches Jahr erleben, weil sie entdeckt, dass sie in Wirklichkeit lesbisch ist und nie mehr als freundschaftliche Gefühle für ihn haben wird? Und die zwölf Leute am Tisch direkt neben mir  – werden sie eine Wohngemeinschaft gründen, sich zusammen an Aktionen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit beteiligen und zuletzt berühmt werden, weil sie miteinander einen Film drehen, der acht Oskars gewinnt?

Alles ist möglich, und ich werde von all diesen Geschichte nie etwas erfahren.

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Mein Glas ist leer, nur noch die Orangenscheibe und ein halbes Dutzend Eiswürfel sind darin; ich bezahle und verschwinde noch einmal in der Herrentoilette… Dort haben sich über ein Jahrzehnt unzählige Männer mit Filzstiften oder Kugelschreibern verewigt, und die Besitzer haben all die Zeichnungen und Tags nie übermalen lassen  – auch sie tragen zu der besonderen Atmosphäre dieses Lokals bei…

Dann gehe ich, laufe durch die dunklen Straßen zu meiner Bushaltestelle. Bis ich zu Hause bin, wird es fast Mitternacht sein. Ich genieße die Erinnerung an diesen schönen Abend, die sich vermischt mit dem Gedanken an die vielen Male, die ich hier war, als wir noch im Kiez gewohnt haben, meine Frau und ich. Nach der Fastenzeit müssen wir wieder mal zusammen hier her fahren. Manchmal ist es gut, schöne Erinnerungen neu mit Leben zu füllen…

Im Planetarium

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Die Kuppel über dem Projektor ist wie ein riesiges Display, auf dem täuschend echt der Sternenhimmel nachgebildet werden kann – aber auch Feuerwerk, Panorama-Simulationen und eine faszinierende Lichtshow für Konzerte mit klassischer Musik.

Ich freue mich jetzt auf „dark side of the moon“ von Pink Floyd… Das ist ja auch schon irgendwie Klassik…

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Gleich geht’s los. Shine on, you crazy diamond…

Ein Geschenk für Euch…

Zum Jahreswechsel möchte ich allen, die hier mitlesen, ein kleines Geschenk machen. Ich habe mit Liebe zwei Kalligraphien gestaltet, so gut das eben am Computer geht, und wenn Ihr Freude an solchen Sachen habt, ladet es Euch bitte auf Euren Rechner, druckt es aus und hängt es an Eure Pinnwand.

Am Liebsten würde ich es noch für Euch laminieren, dann sehen die Farben noch intensiver aus.

Das Erste ist ein bekannter Abschnitt aus der Bibel. Ich habe ihn selbst übersetzt und schenke ihn Euch, weil ich zur Zeit sehr viel darüber nachgedacht habe. Wenn man fast 61 Jahre alt ist, darf man schon mal ins Philosophieren kommen.

Das andere ist das Gedicht „Stufen von Hermann Hesse, das mich durch mein Leben begleitet, seitdem ich 30 bin – aus Gründen, die ich vielleicht einmal hier erzählen werde…

Ich wünsche Euch einen wunderschönen Jahreswechsel und viel gute Erlebnisse im kommenden Jahr.

Herzlichen Gruß, Euer Richard…