Dem Himmel so nah…

Irgendwo ganz da hinten ist der Flughafen Schönefeld. Dieses Jahr soll er nun doch ganz bestimmt auf jeden Fall und 100pro eröffnet werden. Großes Indianerehrenwort…

Der Himmel über Berlin…

Nördlich von Großziethen liegt die Gropiusstadt. Kein Mensch sagt mehr Trabantensiedlung zu der Wohnanlage, aber ganz unproblematisch lebt es sich dort noch immer nicht. Die Kirche ist allerdings fleißig am Werk, um die Menschen dort zu unterstützen.

Hier kann man, wenn man ganz genau hinguckt, den Ostberliner Fernsehturm sehen. Von hier bis zum Alexanderplatz sind es gut 15 km.

Von Berg zu Berg…

Im Vordergrund liegt Wassmannsdorf, der Hügel im Hintergrund heißt Dörferblick. Dort will ich demnächst auch einmal hin. Von dort soll man einen wunderbaren Blick über den Flughafen haben.

Wir warten aufs Christkind…

Gedanken zum Sonntag Exaudi * 24. Mai 2020

„Ich will alles, ich will alles, und zwar sofort, bevor der letzte Traum in mir zu Staub verdorrt…“ Können Sie sich an den alten Schlager von Gitte Haenning erinnern? Als das Lied 1982, also vor beinahe 40 Jahren, in der Hitparade lief, war es der zeitgemäße sehnsüchtig-entschlossene Text, der im Mund einer jungen Frau das Verlangen ausdrückte, endlich unabhängig, frei und selbstbestimmt zu sein. Die achtziger Jahre waren eine Zeit, in der Frauen begannen, sich zu emanzipieren, die Errungenschaften der 68er-Bewegung kamen im Mainstream an, und das heißt eben auch im Schlagertext.

„Ich will alles, und zwar sofort“ ist aber auch das Lebensgefühl unserer Zeit geworden. Das kann man gut finden oder auch nicht. Ich will hier keine billige Kapitalismuskritik betreiben; ich stelle nur fest, dass es so ist. Alles steht auf Mausklick zur Verfügung und wird schon am nächsten Tag an die Wohnungstür geliefert. Im Restaurant werde ich unruhig, wenn ich länger als eine Viertelstunde auf mein Essen warten muss, und wenn Kinder im Familienchat auf Whatsapp nicht umgehend antworten, fürchten manche Eltern schon, dass ihre Kleinen entführt worden sind. Ob wir an der Bushaltestelle stehen oder an der Supermarktkasse, im Wartezimmer beim Arzt oder im Stau auf der Autobahn – es kann uns gar nicht schnell genug weiter gehen.

Das Warten haben wir verlernt, es ist uns unangenehm geworden, überflüssig. Ist Warten nicht verschwendete Zeit? Vergeudetes Leben? Ich erwische mich selbst immer wieder dabei, dass ich an der Haltestelle oder an der Supermarktkasse das Handy heraushole und irgendetwas hineintippe, anstatt einfach mal den Moment zu genießen, einem Fremden freundlich zuzulächeln oder die Gedanken einmal ruhen zu lassen…

Ich ärgere mich dann über meine Inkonsequenz; ich bin nämlich eigentlich überzeugt, dass etwas Wichtiges verloren geht, wenn wir nicht mehr in der Lage sind, zu warten.

  1. Warten ist Zeit der Vorfreude

Warten ist für mich eine Zeit der Vorfreude. Wenn ich mir etwas Größeres kaufen möchte, ein neues Handy zum Beispiel oder ein Radio fürs Wohnzimmer, dann blättere ich wochenlang in Katalogen, surfe im Internet und streife durch die Elektronikshops, ich vergleiche und lasse mich beraten, weil es einfach so viel Spaß macht und ich mich immer mehr für die bevorstehende Entscheidung begeistern kann. Einfach nur in einen Laden zu gehen und das Erst-Beste zu kaufen ist mir viel zu langweilig und nimmt eine Menge Lebenslust weg.

Für alles gibt es eine richtige Zeit: Ich habe meine Jugend in einem Jahrzehnt verbracht, in dem es noch nicht selbstverständlich war, dass es auch im Winter Erdbeeren gibt und mitten im Sommer Orangen. So hatte jede Jahreszeit ihren besonderen Duft und ihren ganz eigenen Geschmack. Cola gab es nur, wenn jemand Geburtstag hatte. Schokolade nur als Belohnung für eine gute Note auf dem Zeugnis. Für eine neue Schallplatte musste ich vier Wochen mein Taschengeld sparen, aber dafür war sie mir um so wertvoller, wenn ich sie endlich zum ersten Mal auf den Plattenteller meiner kleinen Musikanlage legen konnte. Vorfreude! Wieviel davon wäre mir eintgangen, wenn ich immer alles sofort bekommen hätte!

Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn in die Welt.“ heißt es in der Bibel. Nicht zuletzt deshalb ist mir die Adventszeit so wichtig. Die Türen am glitzernden bunten Kalender, den meine Frau mir in jedem Jahr wieder schenkt, die Kerzen am Adventskranz und der Baum, der auf dem Balkon darauf wartet, geschmückt zu werden und dann im Wohnzimmer festlich zu glänzen – alle die sind Symbole dafür, wie sehr ich darauf warte und hoffe, dass Gott sich zeigt in meinem Leben und in dieser Welt, die ihn so dringend braucht, ihn und seinen Frieden. Die begründete Hoffnung, dass es alle Jahre wieder so ist, dass das Warten aufs Christkind schließlich belohnt wird, ist für mich ein Abbild der begründeten Hoffnung, dass Gott sich am Ende zu denen stellen wird, die darauf vertrauen, dass er seine Versprechen hält: Selig sind, die hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.

  1. Warten ist ein Zeichen von Reife

Ich will alles, und zwar sofort – das sagen eigentlich nur Kinder. Für Kinder ist es eine harte Prüfung, wenn man ihnen ein Überraschungs-Ei gibt und dann sagt: „Wenn Du eine Viertelstunde wartest, bevor Du es isst, bekommst Du noch ein Zweites…“ In der Werbung kann man dann sehen, wie die Kinder sich dann ablenken wollen, wie sie fast verzweifelt der Versuchung widerstehen, das Ei nur einmal in die Hand nehmen, nur mal schütteln, nur mal dran riechen – und dann meistens doch die Folie abreißen und das verlockende Schokoding aufessen. Auch Erwachsene ticken oft so. Da kauft man lieber Etwas auf Kredit und zahlt dann noch zusätzlich Zinsen, anstatt zu warten, bis man den Kaufpreis gleich ganz auf den Tisch legen kann… Wer Geduld hat, kann oft etwas sparen – und, wie gesagt, die Zeit der Vorfreude genießen.

Ich sehe darin den Sinn der Fastenzeit vor dem Osterfest. Vierzig Tage lang verzichten viele Christinnen und Christen auf liebgewordene Gewohnheiten wie zum Beispiel die Salami auf dem Abendbrot oder das Bier zum Montagskrimi – und zwar nicht nur, weil sie abnehmen wollen oder sich selbst beweisen, dass sie auch noch ohne Alkohol auskommen können. Fasten ist ein Mit-Hinein-Gehen in das, was Jesus getan hat: Verzichten auf Etwas um eines größeren, wichtigeren Ganzen willen.

Das ist bei uns meist eher eine symbolische Handlung, auch wenn der Verzicht mir manchmal ziemlich schwer fällt – Jesus alles aber hat am Ende auf alles verzichtet: „Er, der Gott gleich war, gab alles dahin, entäußerte sich selbst und nahm die Gestalt eines Sklaven an. Er wurde ein Mensch wie wir und erniedrigte sich bis in den Tod, ja, in den schmerzhaften und beschämenden Tod am Kreuz. Vom Tod hat Gott ihn befreit und hat ihm das Leben geschenkt und den ehrenvollen Namen, der höher ist und größer als alles…“ Jesus hat verzichtet und gewartet, bis die Zeit da war, in der er alles wieder bekommen sollte und noch viel mehr, für sich und für uns alle… Selbst in seiner dunkelsten Stunde hat sein Vertrauen nicht aufgehört.

  1. Warten ist ein Beweis des Vertrauens

Warten ist ein Beweis des Vertrauens. Wenn ich Angst habe, wenn ich der Zukunft nicht traue, dann kann und will ich nicht warten. Dann denke ich: „Was man hat, hat man. Und das kann man getrost nach Hause tragen.“

Vielen dauert zum Beispiel die Corona-Zeit schon viel zu lange. Sie wollen sich nicht mehr vertrösten lassen und nicht mehr Geduld und Disziplin aufbringen. Sie wollen in den Urlaub fliegen, im Restaurant essen, im Stadtpark grillen, mit Freunden ins Konzert oder ins Kino gehen. Ich will alles, jetzt, sofort. Und selbst Leute, die es eigentlich besser wissen müssten, können sich diesem Sog nicht ganz entziehen. Weil Gottesdienste im begrenzten und kontrollierbaren Rahmen wieder erlaubt sind, aber Chorproben noch nicht, erklären manche Chorleiter ihre Proben kurzerhand zu Gottesdiensten – und wundern sich dann darüber, wenn es dann plötzlich drei, vier, fünf Kranke unter den Sängerinnen gibt und der komplette Chor für zwei Wochen in Quarantäne muss. Manchen fällt es schwer, sich vorzustellen, dass die Beschränkungen der Versammlungsfreiheit einen Sinn haben und zum Schutz der Gemeinde und der ganzen Bevölkerung dienen und eben nicht nur Willkür und Bevormundung durch die Regierung sind.

Wer nicht vertrauen kann, der kann auch nicht warten. Ich kann jeden Obdachlosen, jeden Geflüchteten, jedes Kind aus prekären Verhältnissen verstehen, der nicht warten kann, bis die Papiere vollständig beieinander liegen und die nötigen Gerichtsbeschlüsse gefasst worden sind und die Einbürgerung oder die Adoption stattfinden kann. Wer so in Not ist, der braucht schnelle Hilfe, auch wenn noch nicht alles in der Ordnung ist. Manchmal ist Geduld ein teurer Luxus, den sich nicht jeder leisten kann. In der Not braucht man möglichst schnell sichere Verhältnisse.

Gläubiges Warten, Hoffen auf Gott dagegen bleibt in Bereich des Vorläufigen, des Unsicheren, im Bereich des Jetzt-Noch-Nicht. Das kann aus Gründen freiwillig geschehen – wie beim Fasten, das kann aber auch in der Natur der Sache begründet liegen – wie bei dem „Lock down“ in der Zeit des Corona-Virus. Manche Dinge brauchen ihre Zeit, nicht nur Tage oder Wochen, sondern Monate. So und so braucht es aber eine feste Zuversicht, dass sich das Warten am Ende lohnen wird.

  1. Warten aufs Christkind

Warten ist ein wichtiger Bestandteil unseres Glaubens. Im Brief an die Hebräer steht; Glauben ist ein festes Vertrauen auf die Versprechen Gottes, ein Sich-Verlassen auf Dinge, die man (noch) nicht sieht. Und Paulus schreibt in seinem Brief an die Gemeinde in Rom: Wie könnte man auf das hoffen, was schon offensichtlich, selbstverständlich und unmittelbar einleuchtend ist? Glaube ist aber in die Zukunft gerichtet und verläßt sich auf das, was erst noch kommen wird. Auf das, was erst noch kommen muss, weil Gott es verheißen hat. Darum warten wir darauf mit Geduld.

In vielen Gleichnissen sagt Jesus zu den Menschen, die ihm zuhören, dass es wichtig ist, nicht das Vertrauen zu verlieren, wenn die Hoffnung warten muss: Das Gleichnis vom Säemann, der geduldig immer wieder auf seinen Acker geht, um auf das Wachsen der Saat zu warten, die Erzählung von den klugen und törichten Jungfrauen, die sich nicht irritieren lassen, wenn der Bräutigam sich verspätet – und die Parabel von den treuen Knechten, die bis in den frühen Morgen warten, um ihren Herrn zu begrüßen – sie alle sind Belege dafür, dass ein erwachsener Glaube warten können muß. Gott kann man nicht bedrängen. Er tut, was er tut, zu seiner Zeit. Das Reich Gottes kommt, wenn Er es will.

Vor seiner Himmelfahrt sagte Jesus zu seinen Jüngern: Ich gehe zurück zu meinem Vater und zu eurem Vater. Ihr werdet mich nicht mehr sehen und werdet, wenn es sein muss, eine kleine Zeit traurig sein. Aber bleibt in Jerusalem und wartet. Ich will euch den Heiligen Geist senden, den tröstenden Beistand, die Kraft aus der Höhe. Sie wird euch in alle Wahrheit leiten.

Diesen Geist haben wir – und auf diesen Geist warten wir. Jede Christin und jeder Christ ist erfüllt mit dem Geist Gottes – ohne ihn hätten wir niemals zum Glauben gefunden. Und doch müssen wir noch wachsen, müssen noch viel lernen, bis er in seiner ganzen Fülle an uns wirken kann. Darauf warten und darauf hoffen wir – Wahrscheinlich unser ganzes Leben lang. Sehnsuchtsvoll und mit Vorfreude…

Gott lässt die Seinen warten – nicht um sie zu quälen, sondern aus Gnade. Auch das schreibt Paulus: Gott selbst hat Geduld. Er lässt seine Glaubenden nicht sinnlos warten, er trödelt auch nicht herum, sondern er läßt den Menschen Zeit, bis möglichst viele sich zu ihm bekehren, bevor dann das Gericht und das Ende kommt.

So ist in gewisser Weise unser ganzes Leben eine Wartezeit auf die Begegnung, auf die Vollendung der Gemeinschaft mit Gott. Es hat jetzt schon begonnen, aber es ist noch nicht sichtbar, was werden soll. Wir sind nach Christi Namen genannt, aber erst am Ende wird offenbar werden, dass wir Gottes Kinder sind, zum Leben berufen nicht nur in dieser Zeit, sondern in Ewigkeit.

Wir werden alles bekommen. Gott hat uns alles versprochen. Wenn auch nicht jetzt, sofort und gleich. Darauf zu warten und zu hoffen – das wird sich lohnen.

Wie man ein Geräusch für mich macht…

Im Mai weckt mich morgens der Gesang der Vögel. Amseln sitzen in den Zweigen des Baumes vor meinem Fenster und begrüßen die aufgehende Sonne. Welch ein schönes Geräusch! Schon allein wegen dieses Morgengrußes liebe ich den Frühling.

Der Hör-Nerv ist eine Abkürzung direkt in die emotionalen Bereiche des Gehirns. Obwohl ich eher ein Augenmensch bin, kann ein Lied, ein Klang, ein Rhythmus mein Gefühlsleben in Sekunden verändern oder unterstützen. Musik beruhigt mich oder beschwingt mich, tröstet und bestärkt, umgibt mich mit einer aufbauenden und inspirierenden Atmosphäre. Schon einzelne Klänge und Geräusche können viel bewirken: das geheimnisvolle Knarren der alten Kirchentüren in meinen Dorfgemeinden, das Knacken in den Dachbalken in der Wohnung, wenn im Sommer die Hitze darauf lastet, das Surren des Lüfters in meinem Laptop; das sind alles vertraute und liebgewordene Geräusche, die mir das Gefühl geben, dass alles so ist, wie es sein muß, die mir Sicherheit vermitteln. Wenn jemand die Kirchentüren ölen würde, dass sie nicht mehr knarzt und quietscht – es würde mir etwas fehlen.

Im Sommer, wenn es so richtig heiß ist und die Glut beinahe fühlbar auf den Feldern und Wiesen, auf den Wäldern und den Dörfern liegt, dann höre ich ein unbeschreibliches Klingen, das irgendwie direkt aus dem blauen Luft zu kommen scheint, als ob das Himmelsgewölbe selbst ertönt wie eine mächtige Glocke, die von allein tönt, ohne angeschlagen zu sein, einen tiefen Klang aus Dutzenden von Obertönen, eine Art Spannung, die den ganzen Raum unter dem Himmel erfüllt. Wenn ich das höre, überkommt mich jedes mal eine unbändige Lust, mich einfach auf eine Wiese zu legen und hinauf in die Wolken zu schauen, bis ich das Gefühl habe, dass in Wirklichkeit ich oben bin und hinunterschaue auf einen riesigen Ozean unter den Wolken, kilometertief.

Angeblich hört eine Mutter selbst im Tiefschlaf die Geräusche ihres Babys und wird sofort wach, wenn etwas Ungewöhnliches geschieht. Ich kann mir das gut vorstellen, seit mir einmal etwas Ähnliches passiert ist: Ich wohnte noch in Schöneberg an der Hauptstraße, in einer eher ruhigen Ecke neben dem Friedhof. Ein paar Straßenecken weiter wurde ein elektrischer Baukran aufgestellt. Als alles auf der Baustelle bereit war, begannen täglich morgens um halb sechs die Arbeiten, und der Kran bewegte sich, seine Motoren surrten leise und Relais klickten vernehmlich, wenn Stromkreise geschlossen oder geöffnet werden. Ich war von diesen Geräuschen total irritiert und immer sofort wach. War in der Wohnung noch irgend etwas eingeschaltet? Lief der Computer noch? War die Katze über die Fernbedienung gelaufen und hatte versehentlich den Fernseher angemacht?

Den ganzen Tag über hat mich dieses Surren und Klicken extrem nervös gemacht, obwohl es objektiv sehr leise war, meine Frau hat es erst bemerkt, als ich ihr davon erzählte…