Wie hat Technologie deinen Job verändert?

Diese Frage stellte heute WordPress an die Bloggerinnen und Blogger, die die Plattform nutzen. Solche Fragen sollen anregen, Diskussionsbeiträge zu schreiben und so die Gemeinschaft hier interessanter zu machen. Meistens ignoriere ich diese Anregungen, aber diesesmal habe ich mich hinreissen lassen…

Ich bin Pfarrer von Beruf und aus Berufung. Mein Werkzeug sind Worte, Sätze, Kapitel und Briefe. Meine Arbeit besteht im Zuhören, aber auch im Reden und Schreiben. Die Technologie, die in den letzten Jahrzehnten meine Arbeit beeinflußt hat, sind also vor allem die Methoden der Textverarbeitung, der Speicherung von Texten und die Datenbanken, die Texte, Verzeichnisse, Karteien und Datein durchsuchbar machen.

Meine ersten Seminararbeiten an der Hochschule habe ich noch mit einem Kugelschreiber konzipiert und dann auf einer mechanischen Schreibmaschine getippt. Für meine Abschlussarbeit habe ich mir eine elektrische Schreibmaschine mit Kugelkopf ausgeliehen. Dieser Apparat hatte einen eingebauten Korrekturmechanismus und konnte mit einer „Undo-Taste“ die letzten acht Zeichen wieder löschen, wenn es nötig war. So musste ich nicht jedes Mal die ganze Seite neu schreiben, wenn ich mich vertippt hatte. Mehr als diese acht Zeichen speicherte die Maschine aber nicht.

Im Vikariat machte ich ein Praktikum bei Osram in der Glühlampenfertigung; und dieses Praktikum wurde sogar bezahlt, in sechs Wochen verdiente ich 1800 DM. Davon kaufte ich mir einen ATARI ST Computer mit Drucker und Schwarzweiß-Monitor; damals das Beste und auch das Preiswerteste, das für einen Studenten bezahlbar war. Apple war für mich völlig unbezahlbar, und der Amiga war doch eher ein Spielcomputer. Meine ersten Predigten und die wissenschaftlichen Arbeiten, die ich in der Vikariatszeit schreiben musste, schrieb ich mit dem Programm „Script“ auf dem Atari.

Später konnte ich mir den ersten PC leisten, einen 486er mit 200 MB Festplatte und 1 MB Arbeitsspeicher. Oder waren es 4 MB? Jedenfalls lächerlich wenig, aber zum Schreiben, Lesen und fürs Internet ausreichend. Für Spiele hatte ich ja immer noch den Atari.

Ich habe alle meine Predigten der letzten fünfundzwanzig Jahre noch auf der Festplatte meines Computers. Jedesmal, wenn ich einen neuen Rechner aufsetzte, habe ich die Dateien mit kopiert. Manchmal schaue ich mir meine alten Reden an und wundere mich. Heute würde ich so nicht mehr reden.

Ich arbeite jetzt an vier Computern und bin damit ziemlich mobil: Zuhause habe ich einen ziemlich großen PC, mit 1 GB Speicher und 200 GB Festplatte und einem schönen großen Monitor. Im Büro in der Gemeinde steht ein Rechner, der ziemlich in die Jahre gekommen ist, darauf läuft noch Window 7, und er ist schrecklich langsam, weil die Festplatte zu 80% gefüllt ist. Außerdem habe ich noch einen alten Laptop, mit dem ich manchmal auf der Terasse arbeite. Und natürlich mein Handy. Die Daten liegen verschlüsselt in der Cloud.

Erste Experimente mache ich jetzt mit künstlicher Intelligenz. Ich werde zwar nie meine Predigten von ChatGPT schreiben lassen, aber ich nutze die KI, um Rechtschreibung, Verständlichkeit und Stringenz zu überprüfen. Manchmal schreibe ich dann einzelne Absätze um, wenn mir die Formulierungen der KI besser gefallen als meine eigenen. Bilder und Vignetten für die Gemeindewebseite lasse ich auch von der KI erstellen. Da habe ich weniger Probleme mit dem Copyright als wenn ich die Bilder aus den Sammlungen von Twitter, Instagram oder Pinterest nehme, wo ich immer erst um schriftliche Genehmigung bitten muss.

Manchmal finde ich es sehr anregend, über bestimmte Themen mit ChatGBT zu diskutieren. Wirklich, das geht! Ob es um theologische Fachbegriffe geht ober um einen Entwurf zu einem soziologischen Konzept – immer wieder bringt mich die KI auf Ideen, die mir allein nicht eingefallen wären. Natürlich muss ich – wenn es um Daten und Fakten geht, alles noch überprüfen, denn ChatGBT sagt nie: „Das weiß ich nicht.“ Wenn es zu einem bestimmten Thema keine Informationen hat, erfindet es einfach welche. Und manchmal klingen diese Gespinste sehr glaubhaft. Wenn man die dann ungeprüft übernimmt, kann man sich sehr blamieren.

Ein lustiges Spiel ist auch, gemeinsam Geschichten zu erfinden. Zum Martinstag habe ich eine Geschichte über den Heiligen verfasst und dann ChatGBT gebeten, diese Geschichte aus der Sicht des Pferdes von St. Martin zu erzählen. Und dann aus der Sicht des Bettlers. Und zuletzt gar aus der Sicht des Schwertes. Und alle Geschichten waren ziemlich gut, wenn man bedenkt, dass da keine kreative, bewusste Gedankenwelt am Werk war, sondern ein Konstrukt aus Hard- und Software, das in Wirklichkeit nicht weiß, was es tut.

Ich könnte mir vorstellen, dass solche KI’s in naher Zukunft die kreative Arbeit von Pfarrerinnen und Pfarrern zwar nicht ersetzen können, aber in vieler Hinsicht unterstützen. Wir sind dann nicht mehr in solchen Dingen ganz allein auf uns gestellt. Es wird und bleibt spannend.

Ein Gedanke zu “Wie hat Technologie deinen Job verändert?

  1. Mein erster Kontakt zur digitalen Welt war ein Batterien-fressender MBO-Taschenrechner in den 70ern. Erster PC_Kontakt war erst 1990, ein 286er-DOS-Rechner, ohne Windows, aber mit Mathematik-Co-Prozessor (!) Nicht mein eigen, sondern Firmeneigentum meines damaligen Chefs. Immerhin lief auf dem Ding ein 2D-CAD-System. Und – ich war schnell Besitzer eines DOS-Taschenbuches, um das Teil kennenzulernen.

    Heute? Private Hardware hat im Cloud-Zeitalter an Bedeutung verloren. Schnell müssen sie sein, sonst nix. Außer bei den Zockern, die stellen andere Ansprüche.

    So, und mit meinem Kommentar habe ich wieder einen winzigen Teil zur Lernfähigkeit der KI beigetragen 😉

    https://www.heise.de/news/Inhalte-von-Wordpress-com-und-Tumblr-sollen-fuer-KI-Training-freigegeben-werden-9640984.html

    Lieben Gruß, Reiner

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